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Gemeinwohlökonomie

»Die Allgemeinheit muss auch etwas von meiner Apotheke haben«

Apotheker Albrecht Binder von der St. Rochus Apotheke in Steinheim möchte den Einfluss seiner Offizin auf die Umwelt und soziale Aspekte messen. Dafür stellt er alle zwei Jahre eine sogenannte Gemeinwohlbilanz auf. Im PZ-Interview erklärt er, wie sein Apothekenbetrieb und Team davon profitieren, wo Apotheken in Nachhaltigkeitsbereichen eher schlecht abschneiden und warum diese Bilanzierung verpflichtend für alle Unternehmen sein sollte.
Charlotte Kurz
18.08.2021  10:30 Uhr

Ziel: CO2 Ausstoß der Apotheke reduzieren

PZ: Und was hat sich bei Ihnen in der Apotheke ganz konkret getan?

Binder: Wir haben als erstes festgestellt, dass wir eine CO2-Bilanz erstellen wollen. Hier haben wir gemeinsam mit einem Nachhaltigkeits-Manager ein Konzept erarbeitet. Jetzt können wir jedes Jahr festhalten, wie die Fahrtstrecken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aussehen und welche Fortbewegungsmittel genutzt werden. Aber auch die Fahrtstrecken der Großhändler werden berücksichtigt, unser Stromverbrauch oder wie viel wir heizen und kühlen. Dann haben wir den Output an CO2-Tonnen pro Team-Mitglied festgestellt und haben uns als Ziel gesetzt, diesen Ausstoß im nächsten Jahr zu reduzieren.

Beispielsweise hat das Ärztehaus, in dem sich eine meiner Apotheken befand, auf meine Nachfrage hin, auf grünen, erneuerbaren Strom umgestellt. Wir haben zudem Job-Räder eingeführt. Vier oder fünf aus meinem Team haben sich beispielsweise dadurch ein E-Bike angeschafft und kommen seltener mit dem Auto zur Arbeit. Wir haben auch eine Stromtankstelle auf dem Hof und bauen gerade eine Photovoltaik-Anlage, damit wir komplett regenerativen Strom anbieten können.

PZ: Und bezüglich Ihrer Kundschaft?

Binder: Hier haben wir die Transparenz ausgebaut. Wir haben schon immer viele Vereine unterstützt, aber bis vor Kurzem nie öffentlich gemacht, wohin wie viel geht. Zudem geben wir unseren Kunden und Kundinnen auch die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, wohin wir spenden. Wir wissen bereits vorab, wie viel Geld gespendet werden soll und haben drei Glassäulen in der Apotheke aufgestellt. Eine steht für die Umwelt, eine für Kultur und eine für den Sport. Die Kundinnen und Kunden können dann mithilfe kleiner Holzscheiben selbst abstimmen, für welche Bereiche gespendet werden soll. Je Holzscheibe spenden wir dann am Ende des Jahres 50 Cent. Dieses Konzept hatten wir aufgrund von Corona zeitweise eingestellt, jetzt fangen wir wieder damit an. Aber es wird immer sehr gut angenommen.

PZ: Wo sind Sie in der Bilanz nicht so gut weggekommen?

Binder: Bei der ökologischen Auswirkung der Produkte haben wir beispielsweise kaum Chancen besser zu werden. Ich verkaufe die Medikamente, die verschrieben werden. Wenn diese aber unter ökologisch fragwürdigen Bedingungen, mit einem hohen Energieaufwand und Ressourcenverbrauch hergestellt werden, kann ich leider nicht viel daran ändern. Deswegen gibt es auch Branchen-Benchmarks. Normale Apotheken werden in diesem Bereich nicht über 20 Prozent hinauskommen. Ein Naturkost-Biohändler wird hier eher bei 70 bis 80 Prozent landen, ein Unverpackt-Laden sogar bei 100 Prozent. Wir haben erst vor kurzem 30 Pharma-Unternehmen angeschrieben, mit deren Medikamenten wir den größten Umsatz machen und nach Nachhaltigkeitsbilanzen gefragt. Da kamen aber nur durchwachsene Antworten zurück. Je mehr Apotheken hier nachhaken würden, desto stärker baut sich auch der Druck auf, etwas zu tun.

PZ: Bald ist Bundestagswahl, was wünschen Sie sich von der neuen Regierung?

Binder: Die komplette Regierungsarbeit und Steuergesetzgebung sollte ernsthaft auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Die Gemeinwohlbilanzierung sollte zudem verpflichtend eingeführt werden, weil das unserem Staatsziel entspricht. Im Grundgesetz steht in Artikel 14: »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.« Ich habe eine Apotheke und deshalb muss ich mich dafür einsetzen, dass die Allgemeinheit auch etwas davon hat. Sie hat aber nur etwas davon, wenn ich das Nachhaltigkeitsziel unterstütze. Bedeutet, wir müssen mit den ökologischen Ressourcen so umgehen, dass sie in 100 Jahren noch zur Verfügung stehen. Und wir müssen unser Sozialwesen so aufbauen, dass global gesehen, kein Wanderungsdruck entsteht und alle Menschen ein für ihre Verhältnisse auskömmliches Leben haben. Das ist ein hohes Ziel, das Deutschland nicht alleine erreichen kann. Aber wenn wir sagen, wir schaffen das sowieso nicht, kommen wir auch nicht weiter. Der Staat würde übrigens auch ein Steuerungsinstrument in die Hand bekommen, sodass er die Firmen belohnen kann, die bessere Werte haben. Für Unternehmen besteht dann der Anreiz, besser abzuschneiden.

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