Diagnose und Aufnahme ins Heim sind kritisch |
Brigitte M. Gensthaler |
14.12.2023 09:00 Uhr |
Die ersten Monate nach einer Demenzdiagnose sind oft besonders schwer für Patienten und Angehörige. Zuwendung und Reden können von der Not entlasten. / Foto: Adobe Stock/fizkes
Das Thema Selbsttötung und Demenz wurde früher kaum beachtet. Inzwischen gelte der Zusammenhang zwischen Diagnosestellung und Suizidrisiko als gesichert, berichtete Drinkmann. Besonders kritisch seien die ersten 90 Tage nach der Diagnose. Ein eigenständiger Risikofaktor sei ein relativ junges Alter bei Diagnose einer Demenz (vor dem 60. Lebensjahr) oder von Vorstadien. Zu Beginn der Erkrankung könnten selbst wahrgenommene kognitive Beeinträchtigungen, der drohende Verlust der Selbstständigkeit und das Nicht-Vorhandensein einer Heilung den Patienten sehr bedrücken.
Hinzu kommen oft familiäre Spannungen. Wenn Betroffene spüren, wie stark ihre pflegenden Angehörigen be- oder überlastet sind, empfinden sich manche selbst nur noch als Belastung. Dies könne Schuldgefühle und Suizidgedanken auslösen.
»Daher sind Suizidprävention, individuelle Krisenhilfe und therapeutische Angebote für Menschen mit Demenz speziell nach der Diagnosestellung besonders relevant«, erklärte der Psychologe. Beispielsweise hat die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft ein Projekt »Ehrenamtliche Begleitung von Menschen mit beginnender Demenz« ins Leben gerufen. Geschulte Erstbegleiter unterstützen von Anfang an. Das Projekt wird vom Bundesseniorenministerium finanziell gefördert.
Wie können Angehörige suizidale Tendenzen erkennen? »Suizidalität kann sehr individuell sein und am Anfang zeigen sich oft dezente Zeichen«, berichtete Drinkmann. So könne es sein, dass jemand das Interesse an seinem Hobby verliert. Offensichtlicher sind explizite Fragen nach dem Sinn des Lebens, die Angst vor dem Verlust der Autonomie im Leben und depressive Stimmung. Partner und Angehörige sollten dies offen ansprechen und keine Bedenken haben, dass sie die Person damit erst »auf den Gedanken bringen«.
Dies gilt auch für Apothekenteams, die Veränderungen bei ihren Kunden bemerken. »Ansprechen ist immer hilfreich und steigert das Risiko auf gar keinen Fall«, erklärte der Experte. Die Arbeitsgruppe »Alte Menschen« der NaSPro und die ABDA hat einen Gesprächsleitfaden entwickelt, der ermutigen und helfen soll, das Gespräch zu beginnen.