Diabetes mellitus und Herzschwäche |
Bei Diabetes sollte auch an Herzschwäche und umgekehrt bei Herzschwäche auch an Diabetes als Folgeerkrankung gedacht werden. / Foto: Fotolia/rangizzz
Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist bei Männern mit Diabetes mellitus zwei- bis vierfach, bei Frauen sogar bis zu sechsfach erhöht. »Die Herzinsuffizienz gilt als häufigste kardiovaskuläre Folgeerkrankung des Diabetes«, so Professor Dr. Nikolaus Marx, Sprecher des Ausschusses Herz, Diabetes und Hormone bei der Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Besonders fatal sei, dass die Herzinsuffizienz bei Diabetikern oft zu spät erkannt wird und somit auch deutlich komplizierter verläuft. »Von dieser kardiovaskulären Erkrankung sind deutlich mehr Diabetes-Patienten betroffen als bislang angenommen«, betont der Kardiologe und Intensivmediziner mit Verweis auf besonders schlechte Überlebensprognosen.
Gleichermaßen leiden umgekehrt zwischen 25 und 40 Prozent der Patienten mit einer Herzinsuffizienz an einem ebenfalls oft unerkannten Diabetes mellitus. »Liegt eine Herzinsuffizienz vor, sollte immer auch auf einen Diabetes mellitus untersucht werden. Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz dürfen nicht unabhängig voneinander betrachtet, sondern müssen als gefährliches Duo gesehen werden«, betont Marx. Die zugrunde liegenden pathophysiologischen Zusammenhänge seien noch nicht vollständig geklärt. »Vermutlich spielen Veränderungen vor allem im Calcium- und Energiestoffwechsel des Herzmuskels eine Rolle«, so der Kardiologe. Neuen Erkenntnissen zufolge trage dazu nicht nur die Schädigung der Gefäße und Organe durch den erhöhten Blutzucker selbst, sondern auch die bei Typ-2-Diabetikern häufig zu beobachtende Fettleber bei.
Mit Verweis auf die körperliche Brisanz der Kombination von Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz hebt auch Professor Dr. Ralf Lobmann, Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Geriatrie am Klinikum Stuttgart, die Bedeutung der stringenten leitlinienorientierten medikamentösen Therapie hervor.
Bei Diabetes-Patienten mit bereits bestehender oder beginnender Herzschwäche habe sich insbesondere die Behandlung mit sogenannten SGLT-2-Hemmern, also Gliflozinen, bewährt. Diese hemmen den Natrium-Glucose-Cotransporter-2 (SGLT2). Die Rückresorption des Zuckers in den Nierentubuli wird unterbunden und der Zucker mit dem Urin ausgeschieden. Studiengemäß lasse sich die Zahl der durch Herzinsuffizienz bedingten Krankenhauseinweisungen und somit kardialer Komplikationen bis hin zum Tod mit dieser Medikamentenklasse verringern.
»Aktuell werden SGLT-2-Inhibitoren als bevorzugte antidiabetische Strategie bei Vorliegen einer Herzinsuffizienz empfohlen«, heißt es auch im Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2020. »Je weniger Glucose verstoffwechselt wird, umso höher ist die Herzinsuffizienz-Inzidenz. Je höher der HbA1c, desto schlechter ist die klinische Prognose«, so die Autoren mit Verweis auf die hohe Sterblichkeit.
Die Herzinsuffizienz stelle ein Kardinalproblem nicht nur bei Typ-2-, sondern auch bei Typ-1-Diabetikern dar, die aktuell noch knapp dreimal häufiger als Typ-2-Diabetiker von dieser Folgeerkrankung betroffen sind. Neben der Erkrankungsdauer scheinen hier unter anderen auch andere Komorbiditäten wie Niereninsuffizienzen eine besondere Rolle zu spielen. Generell müsse davon ausgegangen werden, dass die klinische Diagnose der Herzinsuffizienz bei Diabetikern viel zu selten gestellt und in der Behandlung berücksichtigt werde.