Deucravacitinib als Option bei Plaque-Psoriasis |
Sven Siebenand |
03.05.2023 07:00 Uhr |
In den Phase-III-Studien POETYK PSO-1 und POETYK PSO-2 wurde Deucravacitinib in der Dosierung 6 mg einmal täglich mit Placebo und dem bei Psoriasis zugelassenen Phosphodiesterase-4-Hemmer Apremilast (30 mg zweimal täglich) verglichen. Zusammengesetzte primäre Endpunkte der Studien waren der Anteil an Studienteilnehmern, die nach 16 Wochen ein PASI (Psoriasis Area and Severity Index)-75-Ansprechen beziehungsweise einen sPGA-Score (Static Physician’s Global Assessment Score) von 0 oder 1 (= frei oder fast frei von Hautläsionen) erreichten.
In Woche 16 erreichten 58 beziehungsweise 53 Prozent der Patienten, die mit Deucravacitinib behandelt wurden, ein PASI-75-Ansprechen gegenüber 13 und 9 Prozent der Patienten unter Placebo. Ein PASI-75-Ansprechen wurde in der Apremilast-Gruppe bei 35 und 40 Prozent gesehen. Zudem erreichten 54 beziehungsweise 50 Prozent der Patienten unter Deucravacitinib in Woche 16 ein sPGA-Ansprechen von 0/1. Unter Placebo trat dies bei 7 und 9 Prozent ein, unter Apremilast bei 32 beziehungsweise 34 Prozent der Patienten. In beiden Studien erreichten auch zu Woche 24 signifikant mehr Patienten unter Deucravacitinib einen sPGA-Score von 0/1 oder ein PASI-75-Ansprechen.
In der Studie POETYK PSO-1 hatten 82 Prozent der Patienten unter Deucravacitinib, die in Woche 24 einen PASI 75 erreichten, noch in Woche 52 ein anhaltendes Ansprechen. In der Studie POETYK PSO-2 hielt das PASI-75-Ansprechen bei 80 Prozent der Patienten an, die die Behandlung mit Deucravacitinib fortsetzten, im Vergleich zu 31 Prozent der Patienten, bei denen Deucravacitinib abgesetzt wurde.
Grundsätzlich kann Deucravacitinib das Infektionsrisiko erhöhen. Infektionen der oberen Atemwege kommen als Nebenwirkung sehr häufig vor. Patienten sollten angewiesen werden, ärztlichen Rat einzuholen, wenn Anzeichen oder Symptome auftreten, die auf eine Infektion hindeuten. Kontraindiziert ist der Einsatz des Kinasehemmers bei Vorliegen von klinisch bedeutsamen aktiven Infektionen. Vor Einleitung der Therapie sollten Patienten ferner auf eine vorliegende Tuberkulose-Infektion getestet werden. Die Anwendung von Lebendimpfstoffen sollte bei mit Deucravacitinib behandelten Personen vermieden werden.
Aus Vorsichtsgründen sollte die Anwendung des neuen Wirkstoffs auch während der Schwangerschaft vermieden werden. In der Stillzeit ist zu entscheiden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit Deucravacitinib verzichtet wird.
Deucravacitinib ist einerseits ein weiterer JAK-Hemmer, was die Eingruppierung bei den Schrittinnovationen nahelegen würde. Auf der anderen Seite spricht einiges für Sprunginnovation. Allein die Tatsache, dass es sich um einen ersten de novo deuterierten Wirkstoff mit Zulassung handelt, ist innovativ. Zudem ist Deucravacitinib der erste JAK-Hemmer bei Plaque-Psoriasis, der erste allosterische Hemmstoff einer Januskinase und vor allem der erste selektive Hemmstoff der Januskinase TYK2. In therapeutischen Dosen hemmt er die JAK 1, 2 und 3 nicht. Das könnte wichtige Vorteile bieten. Eine Assoziation von inaktiven TYK2-Genvarianten mit einer Erhöhung von zum Beispiel kardiovaskulären Erkrankungen, venösen Thromboembolien und Malignität, auf die erst kürzlich ein Rote-Hand-Brief bei anderen Jakiniben hinwies, konnte man bislang nicht ermitteln. Es besteht also die Hoffnung, einen durchaus anderen JAK-Hemmer mit einem anderen Sicherheitsprofil zur Verfügung zu haben, wobei dies in Langzeitstudien natürlich genau untersucht werden muss. Zurzeit gelten die Anwendungseinschränkungen der anderen JAK-Hemmer für den Neuling aber nicht.
Die vorläufige Bewertung für Deucravacitinib lautet wegen der genannten Unterschiede Sprunginnovation. Auch die positiven Studienergebnisse stützen diese Einstufung. Last, but not least ist der neue Wirkstoff eine Substanz mit noch mehr Potenzial. Er wird derzeit in mehreren klinischen Studien zur Behandlung verschiedener Erkrankungen untersucht. Dazu zählen neben Psoriasis auch die Psoriasis-Arthritis (Phase III), systemischer Lupus erythematodes (Phase III), Alopecia areata (Phase II) sowie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn (beides Phase II).
Sven Siebenand, Chefredakteur