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Demenzpatienten

Der Wunsch nach Zärtlichkeit bleibt

Demenz und Sexualität schließen sich nicht aus. Denn sexuelle Bedürfnisse hören im Alter, bei Demenz oder Pflegebedürftigkeit nicht einfach auf. Im häuslichen Alltag oder im Pflegeheim kann es jedoch zu erheblichen Problemen kommen. Darauf weist die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages am 21. September hin.
Brigitte M. Gensthaler
20.09.2019  17:00 Uhr

Sexualität gehört zum Leben jedes Menschen, mit oder ohne Demenz. Damit sind nicht nur sexuelle Handlungen wie Geschlechtsverkehr oder Selbstbefriedigung gemeint, sondern allgemein Liebe, Zuneigung, Zärtlichkeit und Berührungen.

Während manche Menschen mit Demenz ein gesteigertes Interesse an Sex entwickeln, verlieren andere das Interesse daran völlig, schreibt die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft (DAlzG). Beides beeinflusse eine Partnerschaft stark, denn der gesunde Partner muss mit dem veränderten Verhalten umgehen lernen und eigene Bedürfnisse oft völlig zurückstellen. Andererseits könne das Ignorieren sexueller Bedürfnisse zu herausforderndem und störendem Verhalten des Demenzpatienten führen. Kann das Bedürfnis nach Nähe und Intimität befriedigt werden, würden unangemessene Verhaltensweisen häufig verschwinden.

Viele kritische Situationen

Demenziell erkrankte Menschen fallen oft auf, weil sie sich nicht mehr an gesellschaftliche Regeln halten und Kontrollmechanismen versagen. Sie äußern zum Beispiel ihre sexuellen Wünsche sehr direkt, auch gegenüber Personen, die nicht ihre Partner sind. Gerade Patienten mit frontotemporaler Demenz (FTD) verhalten sich oft enthemmt und impulsiv, auch im sexuellen Umgang. FTD-Erkrankte können nicht empfinden, wenn sie anderen Menschen zu nahe treten und sie verletzen.

Mit fortschreitender Demenz kann es auch passieren, dass Patienten eine für sie attraktive Person ungefragt unangemessen anfassen, weil sie diese für den jungen Ehe- oder Sexualpartner halten. Oder sie verstehen Aussagen nicht mehr richtig und halten den saloppen Satz »Zeit für's Bett« für eine konkrete Einladung zum Sex. Im Heimen kommt es mitunter vor, dass Demenzkranke auf der Suche nach dem eigenen Bett in einem fremden Zimmer oder Bett landen.

Besonders kritisch kann die Situation bei der Körperpflege im Intimbereich werden. Manche Demenzkranke zeigen ihre sexuelle Erregung oder machen den Pflegenden eindeutige Angebote. Dies könne Pflegekräfte stark verunsichern, berichtet die Alzheimer-Gesellschaft. Ihre Reaktion hänge dann oft von ihrer persönlichen Erfahrung und der eigenen Haltung zur Sexualität ab. Diplom-Pflegewirt Peter Offermanns forderte kürzlich bei einer Fachtagung der DAlzG in Berlin einen intensiveren Austausch darüber: »Junge weibliche Pflegekräfte können mit sexuellen Annäherungen oft besonders schwer umgehen – sie dürfen damit nicht allein gelassen werden.« Ein offener Umgang mit dem Thema helfe, Lösungen zu entwickeln, wenn eigene Grenzen verletzt werden.

Im Verborgenen: hochaltrige Homosexuelle

Die Alzheimer-Gesellschaft weist besonders auf die Gruppe der hochaltrigen Homosexuellen hin. Ihnen falle es meist schwer, sich nach vielen Jahren der persönlich erlebten Diskriminierung und Verfolgung in der Pflegesituation zu outen. Trotz der vermutlich 122.000 homosexuellen Menschen mit Demenz tauchten diese in Einrichtungen der Altenhilfe so gut wie nicht auf. »Sie ziehen sich zurück, vereinsamen und geben aus Angst vor weiterer Diskriminierung ihre wirkliche geschlechtliche Identität nicht preis«, erläuterte Dieter Schmidt, Diplom-Psychologe in der Schwulenberatung Berlin, bei der Fachtagung.

Die DAlzG möchte mit dem Fachtag den weiteren Dialog anstoßen, damit Angehörige und Pflegekräfte offener und sensibler mit dem Thema umgehen. Auch im Alter oder bei Pflegebedürftigkeit dürfe Sexualität kein Tabu sein.

Baustein im erfolgreichen Altern

Das Thema Sexualität im Alter wurde Anfang September auch beim Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) in Frankfurt aufgegriffen. Ärzte würden ihre Patienten zu allen möglichen gesundheitlichen Problemen befragen, wüssten aber kaum etwas über ihre Sexualität, konstatierte Dr. Annette Ciurea, leitende Ärztin an der Universitären Klinik für Akutgeriatrie im Stadtspital Waid in Zürich. Im WHO-Report zu Alter und Gesundheit gehe es nur auf einer von insgesamt 260 Seiten um Sexualität. »Für Menschen mit Demenz gibt es zahlreiche Fragebögen zur Erfassung von auffälligem Verhalten, aber keinen zu sexueller Auffälligkeit.«

Die Geriaterin bezeichnete Sexualität als wichtigen Baustein des »erfolgreichen Alterns«, der bisher zu kurz komme »In der Berliner Altersstudie BASE hat man festgestellt, dass die sexuelle Aktivität im Alter zurückgeht, der Wunsch nach Intimität aber durchaus bestehen bleibt.« Dabei gehe es vor allem um das Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Berührung. Bei vielen Menschen in Pflegeheimen und geriatrischen Abteilungen beschränke sich der körperliche Kontakt jedoch auf Körperpflege und Essensgabe.

 

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