Der Mensch hält weniger Hitze aus als angenommen |
Annette Rößler |
16.08.2024 15:30 Uhr |
Einer von ihnen ist Professor Dr. Ollie Jay von der University of Sydney. Er forscht dort im sogenannten Heat and Health Laboratory mit einer Klimakammer, in der Probanden unter kontrollierten Bedingungen definierten Temperaturen und Luftfeuchten ausgesetzt sind. Der Raum misst 4 x 5 m2 und die Testpersonen können sich darin bewegen, essen und schlafen. Dies sind viel realistischere Bedingungen als in den Berechnungen von Sherwood und Huber, die den menschlichen Organismus quasi so behandelten, als sei er ein unbekleidetes Objekt, das weder schwitzt noch sich bewegt.
Voriges Jahr veröffentlichte ein Team um Jay im Fachjournal »Nature Communications« Ergebnisse dieser Forschung unter der Überschrift »A physiological approach for assessing human survivability and liveability to heat in a changing climate« (»Ein physiologischer Ansatz zur Bewertung der Überlebensfähigkeit des Menschen bei Hitze in einem sich ändernden Klima«). Die Autoren machen damit gleich von vorneherein deutlich, dass sie in ihrer Arbeit die Unzulänglichkeit früherer Überlegungen, die die Physiologie außen vor gelassen hatten, wettmachen wollen.
Die Annahme einer tF von 35 °C als für den Menschen maximal tolerable Hitze stelle eine enorme Unterschätzung des Risikos dar, schreiben die Forschenden. Sie differenzieren in ihrem Modell nicht nur nach Geschlecht, sondern auch zwischen jungen (18 bis 30 Jahre) und alten Menschen (älter als 65 Jahre), weil im Alter die Fähigkeit zu schwitzen abnimmt. Außerdem berücksichtigen sie Faktoren wie eine direkte Sonnenlichtexposition (versus Schatten) sowie die Luftfeuchtigkeit und kommen so schließlich auf Obergrenzen für die tF von circa 26 bis 34 °C bei jungen Menschen und circa 22 bis 34 °C bei Senioren.
Ältere Menschen schwitzen nicht so leicht wie jüngere und sind deshalb bei starker Hitze besonders gefährdet. / Foto: Getty Images/Miguel Angel Flores
Die Höchsttemperaturen, die ein Mensch überleben könne, sänken mit zunehmender Sonneneinstrahlung und Luftfeuchte, aber am stärksten mit steigendem Alter. So liege etwa die maximal tolerable tF für ältere Frauen circa 7 bis 13 °C unter dem lange als Grenze angesehenen Wert von 35 °C.
Auf »Nature News« heißt es, dass die Forschenden ihr Modell mit weiteren Testreihen noch verfeinern wollen, um so zu ermitteln, bei welchen Temperaturen unterschiedlich anstrengende Tätigkeiten für verschiedene Menschen noch sicher sind. Einen weiteren Schwerpunkt ihrer Arbeit bildet die Suche nach bestmöglichen Methoden zur Abkühlung. Dabei sei bereits herausgekommen, dass Ventilatoren nur bei feuchter Luft und einer Temperatur bis 38 °C abkühlend wirken. Bei Trockenheit verstärkten sie dagegen Hitzestress, was bei älteren Menschen zu einer stärkeren Belastung des Herzens führe.
Die Haut zu befeuchten, wirke sowohl bei hoher als auch bei niedriger Luftfeuchtigkeit abkühlend. Dieser Tipp lässt sich derzeit in Deutschland sofort in die Praxis umsetzen.