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Desloratadin

Der erzwungene OTC-Switch

In Kürze fällt das Antihistaminikum Desloratadin nicht mehr unter die Verschreibungspflicht. Das hat am Freitag der Bundesrat abgesegnet. Auf diesen OTC-Switch musste die Pharmaindustrie lange hinarbeiten.
Daniela Hüttemann
17.02.2020  13:48 Uhr

Bereits im Juni 2013 hatte sich der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mehrheitlich dafür ausgesprochen, das Antihistaminikum Desloratadin für Patienten ab einem Alter von zwei Jahren aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Den Antrag hatte der Generikahersteller Hexal gestellt. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte sich jedoch geweigert, die Empfehlung umzusetzen. Hintergrund war, dass in Deutschland sowohl Präparate mit nationaler Zulassung als auch solche mit zentraler EU-Zulassung auf dem Markt sind. Letztere können nur durch die EU-Kommission aus der Verschreibungspflicht entlassen werden. Das BMG wollte jedoch keinen gespaltenen Markt mit OTC- und Rx-Präparaten des Antihistaminikums.

Dagegen ging Hexal als Inhaber einer nationalen Zulassung für Desloratadin-haltige Arzneimittel (Desloratadin Hexal und Lorano Pro) gerichtlich vor. Der Fall landete erst vor dem Verwaltungsgericht Köln, dann vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen und schließlich vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVG). Dies gab Hexal – juristisch stark vereinfacht ausgedrückt – in letzter Instanz am 12. September 2019 Recht. Es verdonnerte das BfArM dazu, Desloratadin per Änderung der Arzneimittel-Verschreibungsverordnung (AMVV) aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Die geänderte Verordnung hat der Bundesrat nun am Freitag durchgewunken. Sie tritt in Kraft, sobald sie im Bundesanzeiger veröffentlicht wird. Dann erfolgt die Statusänderung durch das BfArM. Damit ist in den nächsten zwei bis drei Wochen zu rechnen.

»Das BVG-Urteil hat nicht nur Bedeutung für Desloratadin«, so Hexal-Vorstandsmitglied Wolfgang Späth gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung. Nun sei prinzipiell vorstellbar, dass auch andere national zugelassene Wirkstoffe hierzulande geswitcht werden, was bislang vom BMG blockiert wurde. Die Hersteller hoffen bei solchen Entlassungen aus der Verschreibungspflicht auf höhere Umsätze.

Bislang seien die Absätze für Desloratadin im Vergleich zu anderen Antiallergika eher gering gewesen, so Späth. Das könne sich nun ändern, wenn sich die OTC-Palette für Patienten mit allergischer Rhinitis und Urtikaria erweitert. Aus den Erläuterungen zur Verordnung geht hervor, dass sich für die Bürger eine jährliche Zeitersparnis von maximal rund 183.000 Stunden ergibt, weil sie nicht mehr zum Arzt müssen. Ärzte würden mit knapp 600.000 Euro aufgrund nicht mehr auszustellender Rezepte entlastet. Ebenso hoch beziffert das BMG die Entlastung der öffentlichen Apotheken, weil sie die entsprechenden Rezepte nicht mehr bearbeiten müssen. Das BMG schätzt, dass Desloratadin jährlich 365.000-mal verordnet wird.

Die Krankenkassen würden mit bis zu 6 Millionen Euro entlastet, abzüglich der nicht genau bezifferbaren Zuzahlungen. Ärzte können jedoch weiterhin die zentral bei der EU zugelassenen Rx-Präparate zulasten der GKV verordnen. 

OTC-Variante soll schnell auf den Markt kommen

Neben den Desloratadin-Präparaten von Hexal sind noch diverse andere Generika national zugelassen und werden wohl auch demnächst als OTC angeboten werden. Verfügbar sind Filmtabletten mit 5 mg pro Dosis und Lösungen zum Einnehmen (0,5 mg/ml). Das zentral bei der EU zugelassene Originator-Präparat Aerius® von MSD und diverse Generika, zum Beispiel von Ratiopharm, bleiben rezeptpflichtig.

Hexal steht mit seiner OTC-Variante bereits in den Startlöchern. Das Unternehmen kündigte gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung an, Lorano Pro als OTC bereits Ende dieses Monats oder Anfang März auf den Markt bringen zu wollen. Das Präparat Desloratadin Hexal soll dagegen rezeptpflichtig bleiben. Preislich liegt die Lorano Pro Packung mit sechs Filmtabletten derzeit bei einem empfohlenen Apotheken-Verkaufspreis von 4,34 Euro, die größte Packung mit 100 Stück kostet 42,74 Euro. Aerius ist in der gleichen Packungsgröße mit 47,84 Euro gelistet.

Einer Umfrage des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH) aus dem Jahr 2017 zufolge befürworten 85 Prozent der Apotheker uneingeschränkt oder eingeschränkt weitere OTC-Switches . Am meisten Zustimmung erhielten dabei Switches weiterer Antihistaminika. Neben Desloratadin wurden dabei Budesonid und Triamcinolon als weitere Glucocorticoide zur nasalen Anwendung genannt. Was bei der Beratung von Heuschnupfen-Patienten für Desloratadin zu beachten ist, lesen Sie hier.

»Wir stehen dem Wechsel besonders sicherer Arzneimittel, die sich gut für die Selbstmedikation eignen, in den OTC-Markt grundsätzlich positiv gegenüber«, kommentiert Dr. Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft vom BAH. »Der Apotheker verfügt durch den Switch von Desloratadin über ein noch vielfältigeres Angebotsspektrum bei der individuellen Beratung des Heuschnupfen-Patienten.«

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