Den geistigen Abbau verlangsamen |
Kerstin A. Gräfe |
19.06.2023 18:00 Uhr |
Memantin wird bei mittelschweren bis schweren Formen eingesetzt. Der Arzneistoff ist ein Antagonist des glutamatergen NMDA-Rezeptors und wirkt zudem indirekt dopaminerg und zentral anticholinerg. Da Memantin zu erhöhter Unruhe führt, sollte die Einnahme nicht nach 16.00 Uhr erfolgen.
Engwinkelglaukom, Niereninsuffizienz, Prostatahyperplasie und Herzerkrankungen (Herzinsuffizienz, Kardiomyopathien, Arrhythmien, verlängertes QT-Intervall, AV-Block) sind wichtige Kontraindikationen. Des Weiteren kann Memantin Psychosen auslösen.
Mit Ginkgo-biloba-Präparaten lohne sich ein Therapieversuch bei leichter bis mittelschwerer Demenz. Hier könne es zu einer Verbesserung der Alltagskompetenzen und des Gesamteindrucks kommen. Positiv hervorzuheben sei das gute Nebenwirkungsprofil. Die beschriebenen unerwünschten Wirkungen und potenzielle Wechselwirkungen seien zumeist klinisch nicht relevant. Vorsicht sei geboten bei der gleichzeitigen Einnahme von Blutgerinnungshemmern sowie zentral dämpfenden Medikamenten.
»Bislang fehlt es allerdings an kausalen Therapien«, monierte Culmsee. Um das neurotoxische Peptid β-Amyloid zu beseitigen, verfolgt man derzeit verschiedene Ansätze. Einer basiere auf der Hemmung der Sekretasen (β und γ), wodurch die Bildung von β-Amyloid durch pathologische Spaltung aus dem Amyloid-Precursor-Protein (APP) verhindert werden soll. Erste Therapieerfolge wurden in der Präklinik erzielt. Aber: »Diese kluge Idee haben wir bislang leider nicht erfolgreich in die Klinik gebracht«, so der Referent.
Ungeachtet dessen stelle sich die Frage, ob dieser therapeutische Ansatz nicht zu spät greift. So wisse man heute, dass die Amyloid-Plaques einen Prozess anzeigen, der längst abgelaufen ist. Sie seien wohl eher ein Hinweis für ein stattgefundenes Geschehen, sozusagen »Grabsteine im Gehirn«. Und jeder wisse, dass ein Wegräumen von Grabsteinen keine Toten lebendig macht, veranschaulichte der Referent.
Ein weiterer Ansatz ist eine passive Immunisierung mittels monoklonaler Antikörper. Derzeit befinden sich zwei Hoffnungsträger in der klinischen Prüfung. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) prüft in einem beschleunigten Verfahren den Antikörper Lecanemab. In den USA ist der Antikörper seit Anfang des Jahres unter dem Handelsnamen Leqembi™ zugelassen.
»Erstmals konnte der klinische Nachweis erbracht werden, dass eine kognitive Verbesserung erreicht werden kann«, so Culmsee. Aber auch mit Antikörpern wie Lecanemab lasse sich die Neurodegeneration nur verlangsamen und nicht stoppen.
Insgesamt war die Therapie gut verträglich. Am häufigsten zeigten sich für Antikörper typische infusionsbedingte Reaktionen. Zudem trat unter Lecanemab eine inzwischen von Anti-Aβ-Antikörpern bekannte Nebenwirkung auf, eine sogenannte ARIA. Darunter versteht man bestimmte Auffälligkeiten auf MRT-Aufnahmen des Gehirns (Amyloid-Related Imaging Abnormality, ARIA), die sich als vasogene Ödeme oder Mikroblutungen darstellen können.