Diuretika im Blickpunkt |
09.02.2004 00:00 Uhr |
Glomerulus, proximaler Tubulus, Henlesche Schleife, früher und später distaler Tubulus, Sammelrohr – die verschiedenen Diuretika unterscheiden sich durch ihre Angriffspunkte und Wirkmechanismen. Detailliert zeigte Professor Dr. Christa E. Müller, Bonn, die diversen Klassen der Arzneimittelgruppe auf, die zu den am häufigsten verordneten Medikamenten in Deutschland zählen.
So hemmen die stark wirkenden Schleifen-Diuretika wie Furosemid als Vertreter der Aqua- und Saluretika den Natrium-Kalium-Chlorid-Cotransporter am dicken Teil der aufsteigenden Henleschen Schleife. Dadurch werden die drei Ionen vermehrt sezerniert. Die Substanzen zeigen über einen weiten Dosis-Bereich eine lineare Dosis-Wirkungsbeziehung und werden daher auch als High-ceiling-Diuretika bezeichnet. Auch Thiazide wie Hydrochlorothiazid und verwandte Verbindungen hemmen einen Transportmechanismus, allerdings im frühen distalen Tubulus und im proximalen Sammelrohr. Dort verhindern sie die Rückresorption von Natrium- und Chlorid-Ionen. Sie gelten wie die kaliumsparenden Diuretika (Kaliumcanrenoat, Spironolacton) als Low-ceiling-Diuretika, da ihre Dosis-Wirkungs-Kurve rasch abflacht und eine weitere Dosissteigerung den diuretischen Effekt nicht erhöht.
Überdosierung von Diuretika können schwere Störungen des Wasser-Elektrolyt-Haushaltes hervorrufen wie Hypokali- und Hypomagnesiämie oder aber Hyperkaliämie, erklärte Müller. Eine zu rasche Diurese kann die Blutviskosität erhöhen und damit Thrombosen provozieren. Außerdem steigt der Blutharnsäurespiegel, was einen Gichtanfall auslösen kann. Schleifendiuretika und Thiazide verschlechtern zudem die Glucosetoleranz oder beeinflussen den Lipidstoffwechsel.
Die Referentin betonte des Weiteren, dass die Steroid-Diuretika auf Grund ihrer antiandrogenen Wirkung Gynäkomastie und Impotenz beim Mann beziehungsweise Amenorrhö und Hirsutismus bei der Frau hervorrufen können. Umso kritischer ist die missbräuchliche Verwendung der Diuretika zur Gewichtreduktion bei Models und Sportlern zu bewerten.
Da die heutigen Diuretika zum Teil erhebliche Neben- und Wechselwirkungen zeigen und Unverträglichkeiten oder Resistenzen hervorrufen können, werde derzeit intensiv nach neuen Substanzen gesucht. Selektive A1-Adenosin-Rezeptorantagonisten beziehungsweise Vasopressin-Inhibitoren und Aquaporin-Hemmer sind Müller zufolge zukunftsträchtige Arzneistoffe, deren Einsatz man mit großem Optimismus entgegen sehen könne.
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