Phytopharmaka bei BPS |
09.02.2004 00:00 Uhr |
Auch pflanzliche Arzneimittel haben ihren Stellenwert und ihre Berechtigung in der Therapie des benignen Prostatasyndroms (BPS), da sie gerade in den frühen Stadien irritative und obstruktive Symptome lindern oder beseitigen können.
In einigen Fällen verkleinern sie sogar die Prostata, vermindern die Proliferation des periurethralen Gewebes und verlangsamen damit das Fortschreiten der Erkrankung in ein höheres Stadium, sagte Professor Dr. Theodor Dingermann aus Frankfurt am Main.
So lägen für Phytosterol-Präparate (zum Beispiel Azuprostat®, Harzol®) zwei publizierte 6-Monatsstudien vor, in denen die Vera Placebo überlegen waren, was auch eine unabhängige Metaanalyse bestätigt habe. Es sei daher berechtigt, diese beiden Präparate in den Leitlinien der deutschen Urologen zur Therapie des BPS zu empfehlen.
Aussagekräftige Studien zu Präparaten aus den Früchten der Sägepalme liegen hingegen nicht vor. Diese enthalten überdies sehr unterschiedliche Extrakte auf Grund immer anderer, zum Teil undurchschaubarer Herstellungsverfahren. Gleiches gelte für Präparate aus der Brennnesselwurzel, die ebenfalls auf Grund unterschiedlicher Herstellungsverfahren so verschieden sind, dass man laut Dingermann davon absehen sollte, sie in einer Gruppe zu listen. So haben Brennnesselwurzel-Extrakte keinen Eingang in die Leitlinien der deutschen Urologen gefunden, erläuterte er. Auch für die Mehrzahl der Kürbissamen-Präparate sei die Wirksamkeit nicht belegt, ebenso fehlten für Präparate mit Roggenpollen ausreichende Wirksamkeitsbelege sowie Langzeitdaten. Eine publizierte Metaanalyse habe keine ausreichende Evidenz gezeigt.
Auch wenn Positivmonographien für Extrakte aus Sägepalmfrüchten, Brennnesselwurzel und Kürbissamen vorliegen: Ein solches Dokument genügt heute den Anforderungen einer Evidenz-basierten Medizin nicht mehr. Bestenfalls seien Monographien der Kommission E als „hilfreich“ einzustufen, keineswegs jedoch als „wirksamkeitsbeweisend“. Diese Einschätzung werde von vielen Arzneimittelherstellern beharrlich ignoriert, weshalb sich der Evidenzabstand zwischen chemisch definierten Wirkstoffen und vielen Phytopharmaka kontinuierlich vergrößere, so Dingermann.
Apotheker können die Evidenzlage bei Phytopharmaka verbessern, indem sie Präparate empfehlen, die eine gute Datenlage verzeichnen, riet der Referent. Bei der Beratung sei überdies zu beachten, dass manche Medikamente durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen eine BPS-Symptomatik vortäuschen können. Hierzu zählen neuro- und myotrope Spasmolytika, Neuroleptika, Antidepressiva, Parkinsonmittel, Antihistaminika, Antiemetika, Antiarrhythmika, Bronchodilatatoren, Opthalmologika, Calciumkanalblocker, Prostaglandinsynthese-Inhibitoren, Sympathomimetika, Opiate, Zytostatika und Diuretika.
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