Das Tief nach der Geburt |
In schweren Fällen und dann, wenn eine zusätzliche Sedierung notwendig ist, können auch das trizyklische Antidepressivum Amitriptylin (50 bis 150 mg pro Tag, aufgeteilt in zwei Einzeldosen) oder der Noradrenalin-Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitor Mirtazapin (15 bis 45 mg pro Tag) eingesetzt werden. Laut Embryotox, dem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité, kann in Bezug auf beide Substanzen unter einer Monotherapie und Beobachtung des Säuglings während der Behandlung gestillt werden. Mirtazapin wird unabhängig von den Mahlzeiten und bevorzugt am Abend eingenommen.
In den USA stehen zur PPD-Behandlung zudem Brexanolon (Zulresso®, Sage Therapeutics) und Zuranolon (Zurzuvae™, Biogen) zur Verfügung. Es handelt sich dabei um synthetische Neurosteroide, die das Progesteron-Stoffwechselprodukt Allopregnanolon imitieren und vermutlich als Modulatoren von GABAA-Rezeptoren wirken. Man geht davon aus, dass ein rapider Abfall von Progesteron beziehungsweise Allopregnanolon nach der Geburt für die Entstehung einer PPD mitverantwortlich ist.
Während Brexanolon infundiert werden muss, steht Zuranolon als orale Therapie zur Verfügung. Beide Wirkstoffe zeichnen sich durch eine schnelle Wirkung aus. Als häufige Nebenwirkungen treten Schläfrigkeit und Schwindel auf. [Update: Am 25. Juli 2025 hat die Europäische Arzneimittelagentur Zuranolon eine Zulassungsempfehlung für die EU erteilt.]
Psychedelika wie Psilocybin werden seit einiger Zeit intensiv auf ihre Wirkung gegen Depressionen getestet. Zwei Vertreter aus dieser Gruppe sind in der Indikation PPD derzeit in klinischer Prüfung der Phase I beziehungsweise II (»Postpartum Depression – Pipeline Insight, 2025«). Beide zeichnen sich durch eine vorübergehende agonistische Wirkung am Serotonin-5-HT1A- und 5-HT2A-Rezeptor aus.
Das Prodrug RE104 wird im Körper zu 4-Hydroxy-N,N-diisopropyltryptamin abgebaut, einem Stoff, der Ähnlichkeit mit Psilocybin aufweist. Durch eine Einzeldosis-Behandlung soll die depressive Symptomatik bei PPD lang anhaltend verbessert werden. Die psychedelische Wirkung ist deutlich kürzer als die von Psilocybin. Erste Untersuchungen zeigten ein günstiges Sicherheitsprofil von RE104. Mebufotenin (GH001/BPL-003) wird aktuell an 15 nicht stillenden Frauen mit PPD als inhalierbare Formulierung getestet. Auch hier zeichnet sich eine Einzeldosisgabe ab.
Des Weiteren befindet sich BRII-297, ein positiver allosterischer Modulator (PAM) am GABAA-Rezeptor, in der Pipeline. Er könnte womöglich bei stillenden Frauen mit PPD als Einmalinjektion langfristig für eine Verbesserung der Symptomatik sorgen. Eine Phase-I-Studie konnte eine schnelle Wirkung und gute Verträglichkeit an gesunden Probanden aufzeigen.
Geforscht wird nicht nur an Wirkstoffen zur Behandlung, sondern auch zur Prävention. So konnte in Studien eine perioperative Gabe des NMDA-Rezeptorantagonisten Esketamin oder des zur Sedierung zugelassenen α2-Agonisten Dexmedetomidin während eines Kaiserschnitts sowohl die PPD-Inzidenz als auch die Schwere der depressiven Symptome reduzieren (DOI: 10.1016/j.jad.2024.06.080, 10.1016/j.ejogrb.2024.03.024). Um die Ergebnisse zu untermauern, ist jedoch weitere Forschung nötig.