Covid-19 als Trigger für Typ-1-Diabetes |
Theo Dingermann |
11.09.2023 13:45 Uhr |
Für die Entwicklung eines Typ-1-Diabetes gibt es genetische Grundlagen. Virusinfektionen können die Entwicklung von Autoimmun-Antikörpern triggern, die sich gegen die Insulin-produzierenden Betazellen der Pankreas richten. / Foto: Getty Images/martin-dm
Die Globale Plattform zur Prävention des Autoimmunen Diabetes (GPPAD) ist ein Zusammenschluss mehrerer akademischer Forschungseinrichtungen und Kliniken in Europa. Ihr Ziel ist es, eine internationale Infrastruktur für Studien zur Vorbeugung der Entstehung von Typ-1-Diabetes (T1D) zu etablieren. Mitglieder dieses Forschungsverbundes stellten die Frage, ob Kleinkinder mit einem hohen genetischen Risiko für T1D besonders gefährdet sind, als Folge einer SARS-CoV-2-Infektion Typ-1-Diabetes zu entwickeln.
Das Ergebnis dieser Forschungsarbeit publizierten die Forschenden um Marija Lugar vom Zentrum für Regenerative Therapien an der Technischen Universität Dresden in »JAMA«. Demnach war eine SARS-CoV-2-Infektion bei Kleinkindern mit einem hohen genetischen Risiko für Typ-1-Diabetes tatsächlich zeitlich mit der Entwicklung von Inselautoantikörpern verbunden.
Unter Inselautoantikörper fassen die Autoren eine Gruppe von β-Zell-Autoantikörpern zusammen, die sich gegen Insulin, gegen die Glutamatdecarboxylase-1 (GAD65), gegen das Insulinom-assoziierte Antigen 2 oder gegen den Zinktransporter ZnT8 richten. Die Bildung derartiger Antikörper geht typischerweise der Etablierung eines T1D voraus.
Für diese Studie bietet die GPPAD ein ideales Umfeld. Denn innerhalb der Plattform läuft die »Primary Oral Insulin Trial (POInT)«-Studie. Hier wird getestet, ob sich ein Typ-1-Diabetes bei Hochrisiko-Kindern durch die tägliche Verabreichung von oralem Insulinpulver verhindern lässt.
Die Forschenden baten die Eltern der in der Studie eingeschlossenen Kinder, an einer Untersuchung teilzunehmen, deren Ziel es war, die Auswirkungen einer SARS-CoV-2-Infektion mit Blick auf die Entwicklung eines T1D zu ermitteln.
885 Säuglinge im Alter von 4 bis 7 Monaten, darunter 441 Mädchen, konnten eingeschlossen werden. Bis zu einem Alter von zwei Jahren wurden diese Kinder in zwei- bis sechsmonatigen Abständen nachuntersucht, um über den Nachweis von SARS-CoV-2-Antikörpern eine Infektion mit dem Virus zu bestätigen oder auszuschließen. Die Untersuchungen wurde in der Zeit von April 2018 bis Juni 2022 durchgeführt. SARS-CoV-2-Antikörper wurden bei 170 Kindern im mittleren Alter von 18 Monaten (Spanne: 6 bis 25 Monate) nachgewiesen.
Parallel wurde auf Autoantikörper gegen Inselzellen gescreent. Es zeigte sich, dass 60 Kinder im Untersuchungszeitraum diese Antikörper entwickelten. Das kumulative Risiko für Inselautoantikörper nach 12 Monaten Nachbeobachtung betrug 5,6 Prozent bei den 560 Kindern mit Nachuntersuchungen in der Zeit von Oktober 2018 bis Juni 2020 und 5,0 Prozent bei den 325 Kindern, bei denen die erste Nachuntersuchung in die Zeit von im Juli 2020 bis September 2022 fiel.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.