Container-Apotheke sorgt für »ein Stück Normalität« |
Cornelia Dölger |
30.09.2021 16:30 Uhr |
Mit Hilfe des Deutschen Roten Kreuzes und des Katastrophenschutzes kam dann nach einer Woche der erste Container ins Spiel. »Das war eine allererste Notlösung“« so Göttling. Also zog man um nach Kalenborn, eine der vielen kleinen Ortsgemeinden, aus denen sich die Verbandsgemeinde Altenahr zusammensetzt. Neben der auch provisorisch eingerichteten mobilen Arztpraxis gelegen, wurde die Container-Apotheke ab dem Zeitpunkt drei Mal pro Tag mit Arzneimitteln beliefert, sodass »wir ab da wieder komplett umfänglich lieferfähig waren«, betont Göttling. Zudem gab es Telefon und Internet, Wasser, Strom und eine kleine Heizung – aber auch hier ein Problem: Winterfest war dieser Container nicht.
Weil aber der Winter nicht mehr sehr lange auf sich warten lässt, musste wieder gehandelt werden, dieses Mal halfen die Organisation Apotheker ohne Grenzen sowie das Medikamentenhilfswerk Action Medeor und die Aktion Deutschland hilft, wie Apothekerin Göttling erklärt. An einem anderen Standort, aber immer noch in Kalenborn, beherbergt nun seit voriger Woche ein winterfester Büro-Container die Burg-Apotheke. »Von innen sieht es aus wie in einer ganz normalen Apotheke«, beschreibt Göttling. Von außen sieht man einen dunklen Quader mit bodentiefen Fenstern und dem in Altenahr wohl bekannten Schriftzug »Burg-Apotheke« – immerhin kann die Apotheke im kommenden Jahr ihr 40-jähriges Bestehen in Altenahr feiern.
Bis auf die Rezeptur sei alles vorhanden, allerdings mussten sich Göttling und ihr knapp zehnköpfiges Team für ihre Arbeit von etwa 110 auf nun 50 Quadratmeter reduzieren. Weniger Platz als vorher hat jetzt auch die improvisierte Hausarztpraxis, die nebenan liegt. »Aber wir können jetzt die medizinische Versorgung im Ort sichern«, betont Göttling. Das bringe für viele ein wichtiges Sicherheitsgefühl zurück – zumal es »links und rechts von uns über 20 Kilometer derzeit keine andere Apotheke gibt«, erklärt Göttling. Die zweite Apotheke in Altenahr sei ebenfalls von der Flut zerstört – und wurde bis heute nicht wieder eröffnet. Und was Versandapotheken angehe: »Die Lieferfahrzeuge fahren meines Wissens derzeit nicht in die Katastrophengebiete, sodass dort schlicht und einfach keine Medikamente zu bekommen sind«, erklärt Göttling. Umso wichtiger sei nun das Angebot ihrer lokalen Apotheke. »Sonst gäbe es hier einen echten Notstand.«
Die Einrichtung ihrer Container-Apotheke stammt aus einer aufgegebenen Offizin in Hessen – und beim Abholen der Möbel half der Großhändler ihrer Apotheke, berichtet Göttling. »Er stellte den Lkw.« Der Ehemann einer ihrer Angestellten übernahm zudem als versierter Handwerker den Ausbau. »Es hat toll geklappt und gezeigt, wie viel Kraft man gemeinsam aufbringen kann«, sagt Göttling. Wichtig sei nur, betont sie, dass man miteinander rede.
Hilfe vor Ort wird in Teilen Altenahrs sicherlich noch lange nötig sein. Derzeit stünden unterhalb des Flusses ganze Straßenzüge leer, viele Wege seien noch nicht befahrbar, berichtet Göttling. »Unsere Apotheke ist derzeit nichts als ein Rohbau«, sagt sie. Ob das Haus aus der 1980er-Jahren überhaupt stehen bleiben dürfe, sei noch nicht geklärt. Klar ist für Göttling aber, dass sie mit ihrer Apotheke in der Gemeinde bleiben will, zunächst weiter im Container, langfristig wieder fest in einem Gebäude. »Die Katastrophe hat gezeigt, dass Apotheken nicht nur für die Medikamentenversorgung, sondern als Anlaufstelle für die Menschen insgesamt wichtig sind«, sagt sie. Das wolle sie in Altenahr erhalten.