| Annette Rößler |
| 07.06.2023 13:30 Uhr |
Adenoassoziierte Viren (AAV) heißen so, weil sie in menschlichen Zellen nur dann replizieren können, wenn dieselbe Zelle gleichzeitig mit einem Adenovirus infiziert ist. Ihr Erbgut wird in aller Regel nicht in die DNA der Zielzelle integriert, sondern liegt in Form eines Episoms getrennt von der zellulären DNA im Zellkern vor. Episome werden bei der Teilung einer Zelle nicht an die Tochtergeneration weitergegeben, sodass ein therapeutisches Gen, das per AAV in eine Zelle eingebracht wurde, relativ schnell verloren geht. »Deshalb sind adenoassoziierte Viren als Vektoren vor allem für Zielzellen interessant, die sich nicht oder nur selten teilen«, informierte Winckler.
Ein Problem bei der Verwendung von AAV als Vektoren ist, dass diese Viren relativ häufig vorkommen, sodass ein potenzieller Empfänger einer Gentherapie möglicherweise zuvor schon einmal mit dem entsprechenden AAV infiziert war. In diesem Fall greift sein Immunsystem den Vektor an und die Gentherapie kann nicht wirken. Er halte es für möglich, dass künftig ein und dasselbe Gentherapeutikum mit verschiedenen AAV-Serotypen als Vektoren zugelassen werden könnte, um dieses Problem zu umgehen, sagte Winckler.
Auch die Kapside von AAV, also die Proteinstrukturen, in die das Virusgenom verpackt ist, können beim Empfänger eine Immunreaktion auslösen. Diese könne überaus schwerwiegend sein, wie der Tod von zwei Kindern nach dem Erhalt der Gentherapie Zolgensma™ gezeigt habe. »Hinter den berichteten Todesfällen steckt eindeutig eine Immunreaktion gegen AAV-Kapside«, sagte Winckler. Angesichts von mehr als 2300 Zolgensma-Therapien, die mittlerweile weltweit durchgeführt worden seien, handele es sich zwar wohl um eine seltene Komplikation. Gleichwohl müssten Immunreaktionen auf Gentherapeutika weiter genau beobachtet werden.