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Moderner Ansatz

Chancen und Risiken der Gentherapie

Gentherapeutika zielen darauf ab, die Fehlfunktion von bestimmten Genen auszugleichen und so Krankheiten dauerhaft in Remission zu bringen. Dies ist nur unter ganz bestimmten Bedingungen möglich und birgt auch Probleme, wie beim Pharmacon in Meran deutlich wurde.
AutorKontaktAnnette Rößler
Datum 07.06.2023  13:30 Uhr

»Ein Gentherapeutikum ist ein Arzneimittel, mit dem der Transfer eines therapeutischen Gens in menschliche Zellen und dessen anschließende Expression in vivo bewirkt werden soll.« Mit dieser Definition eröffnete Professor Dr. Thomas Winckler, Pharmazeutischer Biologe an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, seinen Vortrag. Mit der Gabe eines Gentherapeutikums werde also die Expression einer zusätzlichen, intakten Genkopie angestrebt, verdeutlichte der Referent. Wie stellt man das an?

Prinzipiell gebe es zwei Möglichkeiten, nämlich die Gentherapie in vivo und jene ex vivo, erklärte Winckler. Bei der Gentherapie in vivo wird die genetische Information entweder mithilfe von viralen Systemen, sogenannten Genfähren, oder auch in Lipidnanopartikel verpackt in die Zellen eingeschleust. Beim Ex-vivo-Ansatz werden dem Patienten Zellen entnommen, diese im Labor modifiziert und anschließend wieder reinfundiert. Bekannt ist dieses Verfahren von den CAR-T-Zelltherapeutika, die zu den Gentherapeutika zählen.

Dauerhafte Integration ins Erbgut

Als virale Vektoren seien derzeit einerseits Retroviren wie HIV und andererseits adenoassoziierte Viren klinisch relevant. Retroviren enthalten RNA, die zunächst mittels reverser Transkription in DNA umgeschrieben wird, bevor diese in das Genom der Wirtszelle eingebaut und dort aktiv wird. »Die Integration in die DNA ist bei der Anwendung als Gentherapeutikum gewünscht, da das therapeutische Gen auf diese Weise bei der Teilung der Zelle nicht verloren geht, sondern an die Tochterzellen weitergegeben wird«, erklärte Winckler. Dadurch bleibe das therapeutische Gen aktiv, sodass eine einmalige Behandlung bestenfalls für eine dauerhafte Linderung der Symptome ausreiche.

Allerdings: Das Gen, das ein retroviraler Vektor transportiert, wird irgendwo ins Genom der Zielzelle integriert »und die Frage ist: Wo ist dieses Irgendwo?«, so Winckler. Trifft es einen kritischen Abschnitt, kann etwa ein Onkogen aktiviert werden. Dies sei etwa bei dem Gentherapeutikum Strimvelis® eingetreten: Zwei Patienten mit der sehr seltenen Erbkrankheit SCID-X1 entwickelten nach der Behandlung mit Strimvelis T-Zell-Lymphome. Anhand dieser Fälle habe man laut Winckler einen bestimmten Abschnitt der retroviralen Genfähre identifizieren können, der das therapeutische Gen ausgerechnet an eine kritische Stelle im Genom dirigiert. Dieser Abschnitt, die U3-Region der LTR-Region, sei in Gentherapien der zweiten Generation nicht mehr enthalten. »Mit diesen neueren Gentherapien ist es noch zu keiner weiteren T-Zell-Malignität gekommen«, sagte Winckler.

Immunreaktion gegen den Vektor

Adenoassoziierte Viren (AAV) heißen so, weil sie in menschlichen Zellen nur dann replizieren können, wenn dieselbe Zelle gleichzeitig mit einem Adenovirus infiziert ist. Ihr Erbgut wird in aller Regel nicht in die DNA der Zielzelle integriert, sondern liegt in Form eines Episoms getrennt von der zellulären DNA im Zellkern vor. Episome werden bei der Teilung einer Zelle nicht an die Tochtergeneration weitergegeben, sodass ein therapeutisches Gen, das per AAV in eine Zelle eingebracht wurde, relativ schnell verloren geht. »Deshalb sind adenoassoziierte Viren als Vektoren vor allem für Zielzellen interessant, die sich nicht oder nur selten teilen«, informierte Winckler.

Ein Problem bei der Verwendung von AAV als Vektoren ist, dass diese Viren relativ häufig vorkommen, sodass ein potenzieller Empfänger einer Gentherapie möglicherweise zuvor schon einmal mit dem entsprechenden AAV infiziert war. In diesem Fall greift sein Immunsystem den Vektor an und die Gentherapie kann nicht wirken. Er halte es für möglich, dass künftig ein und dasselbe Gentherapeutikum mit verschiedenen AAV-Serotypen als Vektoren zugelassen werden könnte, um dieses Problem zu umgehen, sagte Winckler.

Auch die Kapside von AAV, also die Proteinstrukturen, in die das Virusgenom verpackt ist, können beim Empfänger eine Immunreaktion auslösen. Diese könne überaus schwerwiegend sein, wie der Tod von zwei Kindern nach dem Erhalt der Gentherapie Zolgensma™ gezeigt habe. »Hinter den berichteten Todesfällen steckt eindeutig eine Immunreaktion gegen AAV-Kapside«, sagte Winckler. Angesichts von mehr als 2300 Zolgensma-Therapien, die mittlerweile weltweit durchgeführt worden seien, handele es sich zwar wohl um eine seltene Komplikation. Gleichwohl müssten Immunreaktionen auf Gentherapeutika weiter genau beobachtet werden.

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