Cannabis-Legalisierung brächte knapp 5 Milliarden Euro |
Kommt die Liberalisierung von Cannabis? Einer Studie zufolge könnte der Staat finanziell von einem solchen Schritt profitieren. / Foto: iStock/belterz
Nächste Woche könnte ein gesundheitspolitisch historischer Moment in Deutschland eintreten. Kommende Woche wollen SPD, Grüne und FDP ihren gemeinsamen Koalitionsvertrag auf Bundesebene vorlegen, erklärten am gestrigen Dienstag die Partei-Manager der drei Parteien in Berlin. Bis dahin gilt wie in den letzten Wochen auch das Gebot der Vertraulichkeit. Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die Ampel-Parteien auf eine Form der Cannabis-Liberalisierung, wenn nicht sogar eine Legalisierung, einigen. Bislang ist der Verkauf und Besitz von Cannabis zu Genusszwecken laut Betäubungsmittelgesetz verboten – Ausnahmen gelten nur für medizinisches Cannabis auf Rezept.
Just in dieser Woche veröffentlichten hierzu der Wettbewerbsökonom und Wirtschaftswissenschaftler Professor Justus Haucap und sein Mitarbeiter Leon Knoke vom Düsseldorf Institute für Competition Economics (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität eine Studie, die untersucht, welchen finanziellen Mehrwert eine solche Legalisierung eigentlich hätte. Das Ergebnis: Der Staat würde von einer Legalisierung fiskalisch, also finanziell, deutlich profitieren. Einen Betrag von rund 4,7 Milliarden Euro schätzt Haucap, könnte Deutschland durch die Cannabis-Legalisierung einnehmen. Der Betrag setzt sich einerseits aus Mehreinnahmen dank neuen Steuerquellen und andererseits aus Einsparungen durch Entlastung der Polizei und der Justiz zusammen.
Konkret schätzte Haucap in der Studie den Cannabis-Gesamtbedarf für Deutschland im Jahr 2021 auf 400 Tonnen. Daraus leitete er Steuereinnahmen von rund 2,8 Milliarden Euro ab. Teil davon wären Gewinne durch eine Cannabis-Steuer (1,8 Milliarden Euro), die ähnlich wie eine Alkohol- oder Tabaksteuer gebildet werden könnte, einer Umsatzsteuer von 650 Millionen Euro, einer Gewerbe- und Körperschaftssteuer von etwa 85 Millionen Euro sowie einer Lohnsteuer von rund 280 Millionen Euro. Zudem wurde ein zusätzliches Sozialversicherungsaufkommen von 526 Millionen Euro geschätzt.
Bei den derzeit anfallenden Kosten könnten insgesamt 1,36 Milliarden Euro eingespart werden. Höchstes Einsparpotenzial sieht Haucap bei der Polizei (1,05 Milliarden Euro). Aber auch die Kosten von Staatsanwaltschaft, Gerichten und des Justizvollzugs in Höhe von etwa 313 Millionen Euro könnten durch eine Legalisierung eingespart werden.
Die Studie prognostiziert auf Grundlage des Gesamtbedarfs von 400 Tonnen Cannabis zudem einen Bedarf von rund 27.600 Vollzeit-Arbeitsplätzen, die in der Cannabis-Wirtschaft arbeiten würden. Die Arbeitsplätze beziehen sich dabei auf die gesamte Produktionsindustrie, vom Anbau bis zum Verkauf.
»Die Verbotspolitik bei Cannabis ist gescheitert und konnte den Drogenkonsum nicht eindämmen«, erklärte Haucap laut Mitteilung des DICE. »Gerade weil aber der Cannabiskonsum gesundheitsschädlich sein kann, sollte der Schwarzmarkt unter staatliche Aufsicht gestellt werden.« Durch eine Regulierung des Marktes steige nicht nur der Schutz der Verbraucher, weil die Qualität des Cannabis sichergestellt werden könne, sondern es würde auch die Suchtprävention erleichtert, sowie Behörden und der Staatshaushalt entlastet, so Haucap.
2018 gab es bereits eine ähnliche Studie, allerdings wurde hier noch ein geringeres Aufkommen geschätzt. Hintergrund ist vor allem, dass mittlerweile von einem höheren Cannabis-Konsum ausgegangen werden kann. Zudem seien etwa die Produktionskosten weltweit gesunken, sodass die Steuer höher angesetzt werden und Cannabis trotzdem für 10 Euro pro Gramm verkauft werden könnte (brutto). Der durchschnittliche Schwarzmarktpreis lag 2019 laut Studie in Deutschland bei 10 Euro je Gramm, dieser Wert soll auch heute noch gültig sein, so Haucap.
Bei der Überlegung, wo Cannabis zu Genusszwecken legal abgegeben werden könnte, steht immer wieder der Verkauf in Apotheken zur Debatte. Die Apothekerschaft hat sich prinzipiell bereiterklärt, diese Aufgabe im Fall der Fälle zu übernehmen, allerdings sehen die Pharmazeuten dabei auch einen heilberuflichen Konflikt. In Deutschland wird Cannabis bereits seit einigen Monaten angebaut, allerdings bislang nur zu medizinischen Zwecken.
Die Cannabis-Studie kann über die Website des DICE heruntergeladen werden.