Cannabis-Fertigarzneimittel bei chronischen Rückenschmerzen |
Sven Siebenand |
17.03.2025 15:00 Uhr |
Unter den chronischen Schmerzen sind Rückenschmerzen die mit Abstand häufigste Diagnose. Ein neues Cannabis-Fertigarzneimittel könnte demnächst für bestimmte Patienten mit Kreuzschmerzen zur Verfügung stehen. / © Imago Images/imagebroker
Cannabis-Fertigarzneimittel gibt es noch nicht viele auf dem deutschen Markt. Die Präparate Canemes® und Sativex® sind nicht bei Rückenschmerzen zugelassen. Anlässlich einer Pressekonferenz im Rahmen der Deutschen Schmerz- und Palliativtage vergangene Woche in Frankfurt am Main wurden nun VER-01 und die Ergebnisse der Phase-III-Studie VER-CLBP-001 mit 820 Rückenschmerzpatienten vorgestellt.
In die placebokontrollierte Studie wurden Patienten mit chronischen unspezifischen Kreuzschmerzen aufgenommen, bei denen eine medikamentöse Behandlung angezeigt war und frühere Behandlungen mit Nicht-Opioid-Analgetika nicht zu einer ausreichenden Schmerzlinderung geführt hatten oder aufgrund von Kontraindikationen oder Unverträglichkeiten ungeeignet waren.
Wie Professor Dr. Matthias Karst von der Medizinischen Hochschule Hannover informierte, zeigte VER-01 nach 15 Wochen eine klinisch relevante und statistisch signifikante Schmerzreduktion gegenüber Placebo. Zu Beginn der Studie bewerteten die Teilnehmer die Schmerzintensität auf der Schmerzskala NRS mit durchschnittlich 6,1. Nach 15 Wochen war der Wert in der Verumgruppe auf etwa 4,0 gesunken, unter Placebo auf etwa 4,7.
Karst hob hervor, dass sich eine signifikante Schmerzreduktion auch bei Patienten mit starken Schmerzen zeigte. Ebenso war es bei Patienten mit bereits seit mehr als zehn Jahren andauernder Schmerzhistorie. Im Vergleich zu Placebo konnte bei Letzteren eine um 1,2 NRS-Punkte bessere Schmerzreduktion erreicht werden. Hinzu kamen laut Karst deutliche Verbesserungen der Schlaf- und der Lebensqualität. Anzeichen von Abhängigkeit, Übergebrauch und Fehlgebrauch sowie für schwerwiegende Nebenwirkungen habe es keine gegeben.
Was ist VER-01? Es handelt sich laut dem Gründer von Vertanical, Dr. Clemens Fischer, um einen Cannabis-Vollspektrum-Extrakt. Um am Ende auf die Zusammensetzung von VER-01 zu kommen, habe man mehr als 500 Pflanzengenetiken untersucht. Es überrascht nicht, dass auch in diesem Extrakt Tetrahydrocannabinol (THC) dominiert. Der Anteil von Cannabidiol (CBD) sei gering. Bewusst habe man auch einen hohen Terpenanteil, etwa β-Caryophyllen, gewählt, um damit gegebenenfalls eine antidepressive und schlaffördernde Wirkung zu erzielen.
Die Zulassung bei chronischem Rückenschmerz erwartet das Unternehmen in Deutschland und Österreich im Juli 2025. Andere Indikationen von VER-01 sind bereits in Planung, etwa der Einsatz bei neuropathischen Schmerzen. Die Studie VER-CNEP-002 ist zum Beispiel eine placebokontrollierte Studie bei diabetischer Polyneuropathie.