Bundesregierung will keine neuen Lagerhaltungspflichten |
Die Bundesregierung stellt klar, dass sie keine neuen Lagerhaltungspflichten für Großhändler und Hersteller plant. / Foto: Imago Images/biky
Die Situation in den Apotheken ist weiterhin angespannt: Bei immer mehr Präparaten müssen die Apothekenteams ihre Patienten vertrösten und auf die Suche nach alternativen Belieferungsmöglichkeiten gehen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat inzwischen einen ersten Plan vorgelegt, wie die Liefersituation kurz- aber auch langfristig verbessert werden soll. Kurzfristig sollen Apotheken beispielsweise Fiebersäfte häufiger herstellen können. Dafür hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Kassenärzte und Krankenkassen gebeten, die Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei Rezeptur-Verordnungen vorerst abzuschaffen, sodass die Mediziner häufiger Rezepturen verordnen können.
Langfristig sind mehrere Änderungen am Rabattvertragssystem und an den Festbeträgen geplant. Rabattverträge sollen künftig nicht mehr nur nach wirtschaftlichen Kriterien ausgeschrieben werden, Festbeträge werden teils abgeschafft, teils erhöht. Die Krankenkassen sind nicht wirklich zufrieden mit diesen Ideen. Aus ihrer Sicht würden insbesondere neue Lager- und Bevorratungspflichten für Hersteller, Großhändler und Apotheken die Situation verbessern. Der BKK Dachverband hatte in einem Positionspapier im vergangenen Jahr beispielsweise hinterfragt, ob die Apotheken ihrer in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) festgelegten Lagerhaltungspflicht (eine Woche) ordentlich nachkommen. Die Apotheken sollten daher besser kontrolliert werden, so der Kassenverband. Und auch Helmut Schröder, stellvertretender Chef des wissenschaftlichen Institutes der AOK (WiDO) hat erst kürzlich wieder neue Lagerpflichten für Hersteller gefordert.
Doch die Bundesregierung will zumindest bei Herstellern und Großhändlern auf solche Maßnahmen verzichten. In einer Kleinen Anfrage wollte die AfD-Fraktion im Bundestag kürzlich vom BMG wissen, ob die Koalition für Pharmaunternehmen und Großhändler neue Pflichten zur Bevorratung plane. Die Antwort des Ministeriums: »Die Bundesregierung prüft regelmäßig geeignete Maßnahmen, um die Arzneimittelversorgung weiter zu verbessern. Eine Ausweitung der bestehenden Bevorratungspflichten wird nicht als geeignet bewertet, langfristige Lieferengpässe bei Arzneimitteln zu vermeiden.«
In der Tat hat die Große Koalition die Lagerhaltungspflichten erst in der vergangenen Legislaturperiode verschärft. Denn mit dem Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz (GKV-FKG) gilt seit April 2020, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gegenüber Herstellern und Großhändlern auch spontan Vorgaben zur Lagerhaltung aussprechen kann – allerdings nur bei versorgungskritischen Arzneimitteln. Außerdem darf die Behörde seit dem Inkrafttreten des Gesetzes auch Daten und Informationen zu bestehenden und drohenden Lieferengpässen bei den Unternehmen abfragen.
In ihrer Antwort an die AfD-Fraktion stellt die Bundesregierung auch klar, dass eine Ausweitung dieser Informationspflichten nicht geplant sei – weitere Maßnahmen würden keinen Erkenntnisgewinn bringen und die Unternehmen lediglich belasten, heißt es in dem BMG-Papier. Außerdem ist das BMG der Meinung, dass Arzneimittelexporte in andere Länder nicht ursächlich für die derzeitige Versorgungssituation seien.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte bereits mehrfach angekündigt, dass er auch gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium weitere, langfristige Maßnahmen plane, um die Lieferketten bei Arzneimitteln neu zu gestalten. Gegenüber der AfD-Fraktion gibt das BMG nun außerdem an, dass man Zuschüsse für Unternehmen plane, wenn sie hierzulande neue Herstellungsanlagen planen. Wörtlich heißt es: »Derzeit prüft die Bundesregierung, ob die Förderung des Auf- und Ausbaus lokaler Produktionsanlagen möglich ist. Im Steuer- und Verfahrensrecht erscheint ein branchenübergreifender Ansatz vorzugswürdig.«