Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
BCG-Impfung

Breiter Schutz mit altem Impfstoff?

Mit Nachdruck wird nach Konzepten gesucht, die erregerübergreifend vor Infektionen schützen. Könnte sich eine Strategie basierend auf wiederholte Impfungen mit einem BCG-Impfstoff als eine Annäherung an dieses Ziel erweisen?
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 17.08.2022  09:00 Uhr

Auch nach der erfolgreichen Entwicklung und Einführung von Covid-19-Impfstoffen wird nach sicheren und wirksamen Plattformimpfstoffen gesucht, die nicht nur vor Infektionen mit SARS-CoV-2, sondern auch von anderen Erregern schützen. Jetzt wurde in »Cell Reports Medicine« eine Studie publiziert, die aufhorchen lässt.

Es geht um die Impfung mit Bacillus Calmette-Guérin (BCG), auf dessen Basis gegen Tuberkulose weltweit seit Jahrzehnten geimpft wird. In Deutschland wir die Impfung seit 1998 nicht mehr empfohlen, da die Ansteckungsgefahr hier als nicht sehr groß eingeschätzt wird, die Wirksamkeit nicht optimal ist und öfter Nebenwirkungen als bei anderen Standardimpfungen auftreten. Nichtsdestotrotz hat die BCG-Impfung noch Potenzial:

Professorin Dr. Denise L. Faustman vom Massachusetts General Hospital und der Harvard Medical School in Boston und Kollegen berichten über Teilergebnisse einer eher kleinen, randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Phase-2/3-Studie, in der primär die Sicherheit und Wirksamkeit von wiederholten BCG-Impfungen zur Behandlung eines Typ-1-Diabetes untersucht wird. Dieser Teil der Studie ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Zusätzlich war die Studie jedoch so konzipiert, dass auch Informationen zu einem potenziellen Schutz vor Covid-19 durch das Impfregime bei Typ-1-Diabetikern gemacht werden konnten.

Es ist keine neue Idee, dass eine BCG-Impfung, die ja eigentlich zum Schutz vor Tuberkulose konzipiert ist, auch von anderen Infektionen schützt. Darüber hatte auch die PZ bereits berichtet, als noch keine spezifischen Covid-19-Impfstoffe zur Verfügung standen. Diese Überlegung war dann auch die Basis für diesen Teil der Studie, über dessen Ergebnisse nun die Publikation informiert.

144 Typ-1-Diabetiker waren in diesen Teil der Studie eingeschlossen. 96 dieser Probanden waren der Verumgruppe und 48 der Placebogruppe zugeordnet worden. Alle Probanden hatten seit Beginn der Studie im Januar 2020, alss noch vor Beginn der Pandemie, drei BCG-Impfungen oder drei Placebo-Impfungen über einen Zeitraum von zwei Jahren erhalten. Während der laufenden 15-monatigen Parallelstudie brach keiner der Probanden die Studie ab.

Guter Infektionsschutz vor SARS-CoV-2

Die kumulative Inzidenz von bestätigten Covid-19-Fällen betrug in der BCG-Kohorte 1 von 96 (1 Prozent), während sie in der Placebo-Gruppe am Ende der 15-monatigen Covid-19-Studie 6 von 48 (12,5 Prozent) betrug. Daraus lässt sich eine Wirksamkeit der Impfung hinsichtlich eines Schutzes vor einer SARS-CoV-2-Infektion von 92 Prozent ableiten. Weder in der BCG- noch in der Placebogruppe gab es Todesfälle durch Covid-19.

Die Autoren analysierten auch das Vorkommen anderer Infektionskrankheiten, die als »unerwünschte Ereignisse« erfasst wurden. Tatsächlich deuten schon frühere Daten aus klinischen Studien darauf hin, dass eine BCG-Impfung »Off-Target-Effekte« auslöst, die sich in einem Schutz vor viralen und bakteriellen Infektionskrankheiten äußern.

Über den Zeitraum der aktuellen Covid-19-Studie wurden daher Symptome auch anderer Infektionskrankheiten analysiert. Dabei zeigte sich, dass die von den Probanden gemeldeten kumulativen Infektionskrankheiten in der BCG-Gruppe gegenüber der Placebogruppe signifikant geringer war.

Dies war insofern bemerkenswert, als diese Unterschiede zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich der Infektanfälligkeit in dem Zeitraum zwischen der Impfung und dem Beginn der 15-monatigen Laufzeit der Studie nicht erkennbar waren. Diese Daten werten die Autoren dahingehend, dass es ähnlich wie auch für andere Studien beschrieben, etwa zwei Jahre dauert, bis eine BCG-Impfung derartige Off-Target-Effekte zeigt.

BCG-Impfung schwächt auch andere Infekte ab

Ursprünglich war es die Absicht der Autoren, den Schweregrad der Covid-19-Symptome bei mit BCG geimpften Probanden im Vergleich zu den Probanden der Placebo-Gruppe zu bewerten. Dies war jedoch nicht möglich war, da nur eine Person in der BCG-Gruppe an Covid-19 erkrankt war. Daher analysierten die Autoren die Krankheitssymptome unabhängig von einer bestimmten Infektion, also bei jeglichen Infekten.

Insgesamt erwiesen sich die Symptome von Infektionskrankheiten in der Verumgruppe als signifikant schwächer ausgeprägt als diejenigen in der Placebogruppe. Auch dokumentierten die symptomatischen Patienten in der BCG-Gruppe signifikant weniger Arbeitsfehltage als die Patienten in der Placebogruppe.

Zudem erfassten die Autoren den Schweregrad von Infektionskrankheiten bei Studienteilnehmern im Vergleich zu erwachsenen Diabetikern, die im selben Haushalt lebten. Daten aus 20 Haushalten flossen in die Studie ein. Es zeigte sich, dass die Geimpften im Vergleich zu den im gleichen Haushalt lebenden Ungeimpften vergleichbare oder mildere Symptome im Laufe von Infektionskrankheiten aufwiesen, während die meisten Placebo-Empfänger im Vergleich zu ihren Haushaltsmitgliedern stärker erkrankt waren. Diese Daten unterstützen ebenfalls bereits veröffentlichte Daten, dass Typ-1-Diabetiker nicht nur schwerer Covid-19 erkranken, sondern auch bei anderen Infektionen schwerere Krankheitsverläufe zeigen.

Die Autoren weisen allerdings auch auf Limitationen ihrer Studie hin. Als wichtigste Einschränkung sehen sie die Beobachtung, dass die Schutzeffekte, die hier beschrieben werden, erst nach einer gewissen Zeit sichtbar werden. Erstaunt zeigen sich die Autoren auch, dass der dann etablierte Infektionsschutz doch sehr lange anhält. Daher sollten diese Resultate wohl erst dann abschließend bewertet werden, wenn sie unabhängig reproduziert werden konnten.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa