Brandenburger Apotheker kritisieren Lauterbach |
Melanie Höhn |
07.09.2022 15:00 Uhr |
Nichts belege »die Bedrohung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung eindrucksvoller als die seit Jahren sinkende Zahl der Vor-Ort-Apotheken – auch und besonders in der Coronazeit«, ergänzte Jens Dobbert, Präsident der Landesapothekerkammer Brandenburg. »Während schon zum Ende des Jahres 2021 bundesweit netto 291 Betriebsstätten weniger zu verzeichnen waren, sank deren Zahl im ersten Halbjahr 2022 erneut um 205 Apotheken gegenüber dem Vorjahreszeitraum ab. Kumuliert sind so in nur eineinhalb Jahren netto fast 500 Apotheken aus der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung verschwunden.« Auch die ABDA sprach in diesem Zusammenhang kürzlich von einem neuen Tief und warnte vor einer Schwächung der Apotheken im Zuge des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes.
Das den Apotheken vorgerechnete Umsatzplus in den Pandemiejahren sei in der Praxis nicht als Gewinnplus angekommen, so Dobbert. Denn Apotheken würden immer nur dann geschlossen, wenn sie nicht verkauft werden können. Jede Schließung bedeute damit eine Pleite, für die letztlich die von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen verantwortlich sind. Daran könnten auch die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen nichts ändern. Hierfür wurden zwar 150 Millionen Euro zusätzlich an Honorar zur Verfügung gestellt – mit der Anhebung des Kassenabschlages solle den Apotheken gleichzeitig jedoch ein vergleichbarer Betrag entzogen werden. Unter dem Strich bliebe ihnen damit mehr Arbeit für das gleiche Honorar.
In diesem Zusammenhang verweisen Behrendt und Dobbert ausdrücklich auf die mehrheitlich unterstützte Initiative des Landes Brandenburg im Gesundheitsausschuss des Bundesrates, die darauf abzielt, auf die Anhebung des Apothekenabschlages zu verzichten. Die Apothekerinnen und Apotheker appellieren an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, dieser Empfehlung zu folgen.
Vor allem in ländlichen Regionen wie in großen Teilen Brandenburgs bedeuteten geschlossene Apotheken nicht nur den Verlust von flexiblen und wohnortnahen Arbeitsplätzen, vor allem für qualifizierte Frauen, heißt es in dem Schreiben weiter. Besonders für ältere und immobile Mitbürgerinnen und Mitbürger folge daraus eine deutliche Verschlechterung ihrer Regelversorgung, wenn sie plötzlich erheblich größere Entfernungen bis zur nächsten Apotheke zurücklegen müssten. Gerade diese letzten Kilometer lege kein Versandhandel zurück, so wie sich Lieferdienste oder Carsharing-Angebote auch nur in dichtbewohnten Städten ansiedeln, weil sie sich sonst einfach nicht rentierten, so Dobbert und Behrendt.