Botschaften hinter den Worten lesen |
Jennifer Evans |
12.08.2024 07:00 Uhr |
Wer als Heilberufler oder Arbeitgeber zwischen den Zeilen lesen kann, wird Menschen anderer Kulturen besser verstehen und mehr Vertrauen aufbauen. / © Adobe Stock/grape_vein (KI-generiert)
Ungeschriebene Gesetze, fremde Wertesysteme und andere Umgangsformen – wer sein Gegenüber besser verstehen will, sollte ein paar Kommunikationsstile und Gepflogenheiten aus anderen Kulturen erkennen können. Vor allem deshalb, um darauf angemessen zu reagieren. Denn gerade Heilberuflerinnen und Heilberufler können sich unnötig einen Vertrauensvorschuss verspielen, wenn sie ein Fettnäpfchen übersehen. Das kann sich bei Patienten auf den Therapieerfolg auswirken. Aber auch als Vorgesetzter eines internationalen Apothekenteams ist Sensibilität ein guter Begleiter.
Zunächst hilft es, sich den Unterschied zwischen expliziter und impliziter Kultur bewusst zu machen. Während mit Erstem sichtbare Aspekte wie Kleidung, Kunst, Symbole, Rituale und Sprache gemeint sind, bezieht sich der zweite Begriff auf alles, was im Verborgenen liegt. Dazu zählen Einstellungen, Werte, Gefühle und Normen. Und genau in dieser impliziten Kultur lauern die Stolpersteine, die oftmals für Missverständnisse sorgen.
Was es in verschiedenen Ländern und Kulturen rund um den Globus zu beachten gibt, welche Themen man ansprechen darf und welche lieber nicht, haben Korrespondentinnen und Korrespondenten der Außenwirtschaftsgesellschaft des Bundes Germany Trade and Invest (GTAI) einmal zusammengetragen. Zum Beispiel sind wir Deutschen es gewohnt, direkt auf den Punkt unseres Anliegens zu kommen. Für die US-Amerikaner, Kanadier oder Südamerikaner kann das auch noch funktionieren. Im Gespräch mit Chinesen, Vietnamesen oder Thailänder ist dagegen zunächst Zuhören gefragt.
Große kulturelle Unterschiede herrschen zwischen den afrikanischen Ländern. Man sollte sich also bewusst machen, ob sein Gegenüber aus einer muslimisch oder christlich geprägten Region stammt und welche Sprache er spricht. In der Regel wird viel gelacht, wenn Vertreter afrikanischer Kulturen Teil einer Runde sind und die Gesprächsatmosphäre ist meist entspannt. Jedoch spielen Hierarchien eine große Rolle, was besonders im beruflichen Umfeld zu beachten ist. Titel sind auch in der persönlichen Ansprache zu nennen. Und wer als Vorgesetzter hierzulande auf Eigenverantwortung seiner afrikanischen Mitarbeitenden und flache Hierarchien setzt, wird damit vermutlich scheitern oder sehr viel Geduld benötigen, prognostizieren die GTAI-Korrespondenten.
Darüber hinaus haben Deutsche in Afrika den Ruf, belehrend zu sein. Dieses Image sollte man als Apotheker oder Chef also auf keinen Fall bestärken, besser sei es zuzuhören. Irritierend kann auch wirken, wenn ein Deutscher extrem witzig sein will. Schlecht kommen Anspielungen auf die chaotischen Zustände in Afrika an.
Kritik an Land oder Kultur mögen den Korrespondenten zufolge die Nordamerikaner nicht sonderlich gern. Für die ersten Kontakte ist es besser, über Erfolge oder andere positive Dinge zu sprechen. Wichtige Botschaften sollten Deutsche laut äußern und nicht subtil über Körpersprache ausdrücken. Und wer Nordamerikanern gegenüber zu passiv auftritt, dem mag das als mangelndes Selbstvertrauen ausgelegt werden. Das kann gerade in der Beratungssituation oder als Vorgesetzter von Nachteil sein. In ihrer Kommunikation mit Menschen aus Nordamerika sollten Deutsche an ihrer Selbstdarstellung arbeiten, gerade in Besprechungen sei das wichtig, raten die Experten.