BMG will Kassen ganz von Betreiberpflicht entlasten |
Jennifer Evans |
14.11.2023 15:30 Uhr |
Das BMG hat vor, einige Vorschriften rund ums Medizinprodukterecht anzupassen. Für die Betreiber ergeben sich daraus einige Änderungen. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Vergangene Woche hat das BMG einen Referentenentwurf für eine Dritte Verordnung zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften vorgelegt. Die geplanten Änderungen zielen vor allem auf Neuerungen der sogenannten Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) ab. Generell regelt die MPBetreibV Tätigkeiten, die mit dem Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten in Zusammenhang stehen, und auch, wo es dort Einschränkungen hinsichtlich der Anwendungsbereiche gibt.
Im Zuge des neuen Referentenentwurfs hat das BMG nun konkret vor, die Betreiberpflichten grundsätzlich von den Krankenkassen auf die Leistungserbringer zu übertragen. Bislang war das nur mit einer entsprechenden Vereinbarung möglich, also eine Kann-Regelung. Auf die Apotheken kommt damit weiterer Dokumentationsaufwand zu. Und Streitigkeiten mit den Kassen könnten programmiert sein.
Zur Erklärung: Eine Apotheke zählt laut MPBetreibV zu den Gesundheitseinrichtungen. Das ist schon immer so. Damit ist sie gleichzeitig auch Betreiber. Als Betreiber gilt grundsätzlich jede natürliche oder juristische Person, die eine Gesundheitseinrichtung verantwortet, in der Beschäftigte ein Medizinprodukt anwenden oder betreiben. In der Theorie müsste auch eine Krankenkasse als Versorgende den Pflichten eines Betreibers nachkommen. In der Praxis sieht das häufig anders aus, weil unter anderem die Apotheken für sie Medizinprodukte bereitstellen. Das heißt, oftmals haben die Kassen ihre Betreiberpflichten und -aufgaben an eine Offizin übertragen. Allerdings musste das bisher vertraglich fixiert sein. Und da kommt der neue Entwurf des BMG ins Spiel. Demnach soll die Pflichtübertragung nämlich in Zukunft grundsätzlich gelten.
Für die Apotheken bedeutet das: Es fallen weiterte Anforderungen an Dokumentation und Protokolle messtechnischer Kontrollen an. Ein Knackpunkt daran wird sein, ob in der Praxis tatsächlich alle Haftungsfragen mit der neuen Verordnungsversion abgedeckt sind.
Darüber hinaus bessert das BMG nun an den Vorgaben für einen sogenannten Medizinprodukte-Sicherheitsbeauftragten nach. Hat ein Betrieb mehr als 20 Mitarbeiter, muss er einen solchen Beauftragten benennen und dessen E-Mail-Adresse auf der Apotheken-Website angeben. Sind Filialen vorhanden, soll es laut BMG-Referentenentwurf möglich sein, dieselbe Person für mehrere Standorte zu ernennen. Voraussetzung aber ist, dass sie regelmäßig in jeder der Filialen präsent ist.
In den Verantwortungsbereich dieser Person fällt es, die Meldepflichten innerhalb der Gesundheitsorganisation zu überwachen sowie als externe Kontaktperson für Behörden, Hersteller und Vertreiber zu fungieren. Außerdem muss der Beauftragte für Medizinproduktesicherheit Meldungen über Risiken von Medizinprodukten sowie etwaige Rückrufaktionen koordinieren. Dazu gehören beispielsweise schriftliche Mitteilungen zu Nebenwirkungen, Fehlfunktionen, Fälschungen oder technischen Mängeln der Produkte.
Bund und Länder haben sich darauf verständigt, dass für diese Aufgabe grundsätzlich »eine sachkundige und zuverlässige Person mit medizinischer, naturwissenschaftlicher, pflegerischer, pharmazeutischer oder technischer Ausbildung« infrage kommt. Für die regelmäßigen Schulungen des Mitarbeiters hat dann der Apothekenleiter zu sorgen.
Sollten Apotheken in Zukunft Medizinprodukte-Apps anbieten, könnte noch eine weitere Passage aus dem neuen Verordnungsentwurf für sie relevant werden. Das BMG will den Betrieb und die Anwendung vernetzter Produkte neu regeln. »Werden vernetzte Produkte betrieben und angewendet, hat die verantwortliche Person zum Schutze dieser Produkte die nach dem Stand der Technik angemessenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Informationssicherheit zu ergreifen«, heißt es in dem Entwurf. Die Installation von Softwareaktualisierungen bringe mitunter erhebliche Änderungen mit sich, ohne dass die Software als solche als neues Produkt im Sinne des Medizinprodukterechts gelte, schreibt das BMG zur Begründung. Unklar ist aber derzeit, ob diese Regelungen auch Apotheken betreffen soll.
Noch bis zum 29. November 2023 haben die Mitgliedsorganisationen der ABDA Zeit, ihre Stellungnahme zu dem Entwurf bei der Standesvertretung einzureichen.