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Lieferengpass-Gesetz

BMG will Abgaberegeln in Apotheken wieder verschärfen

Das Bundesgesundheitsministerium hat einen ersten Entwurf für ein Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) vorgelegt. Die zuletzt geltenden, gelockerten Abgaberegeln in Apotheken sollen trotz Engpass-Krise wieder verschärft werden. Die geplante Lieferengpass-Pauschale soll weiterhin kommen, wie geplant nur in Höhe von 50 Cent.
Benjamin Rohrer
14.02.2023  11:45 Uhr

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte den ersten Entwurf für sein geplanten Lieferengpass-Gesetz ursprünglich schon für Ende 2022 angekündigt. Knapp zwei Monate später liegt nun erstmals ein Entwurf vor, der nach Informationen der PZ auch bereits eine erste Abstimmungsrunde mit den anderen Ministerien durchlaufen hat. Im Vergleich zu den im Dezember bekannt gewordenen Eckpunkten sind die Vorschläge im Entwurf, der der PZ vorliegt, nur leicht geändert worden. Hier ein Überblick über die wichtigsten Maßnahmen:

1) Für das Management von Lieferengpässen sollen Apotheken eine Pauschale in Höhe von 50 Cent (zuzüglich Mehrwertsteuer) abrechnen können, wenn sie ein nicht-verfügbares rabattiertes Arzneimittel gegen ein wirkstoffgleiches austauschen müssen. Zur Begründung heißt es im Entwurf: »Mit dem neuen Zuschlag nach Absatz 1a soll der zusätzliche Aufwand honoriert werden, der sich insbesondere in Rücksprachen mit den verschreibenden Ärztinnen und Ärzten oder in Nachfragen beim pharmazeutischen Großhandel niederschlägt.« Das BMG rechnet damit, dass den Krankenkassen durch die neue Pauschale jährliche Mehrkosten in einer höheren, einstelligen Millionenhöhe bevorstehen. Immerhin: In den Eckpunkten hieß es noch, dass die Apotheken die Pauschale nur bei Engpässen abrechnen können, bei denen eine Rücksprache mit dem Arzt nötig war. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hatte in ersten Reaktionen auf die Eckpunkte allerdings mehrfach angemahnt, dass 50 Cent bei Weitem nicht kostendeckend seien.

2)    Die während der Pandemie gelockerten Abgaberegeln in den Apotheken sollen nur teilweise verstetigt werden. Konkret dürfen die Apotheken bei nicht-vorrätigen Arzneimitteln von Rabattverträgen abweichen und ein vorrätiges, wirkstoffgleiches Medikament abgeben – auch ohne vorherige Rücksprache mit dem Arzt. Allerdings gilt dies nur für Arzneimittel, die auf der Engpass-Liste des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stehen. Zur Erinnerung: Die Engpass-Liste des BfArM enthält nur Rx-Präparate und spiegelt bei Weitem nicht die eigentliche Engpass-Situation in den Apotheken wider. Nach den derzeit geltenden Regelungen dürfen Apotheken den Austausch bei allen Arzneimitteln durchführen. Diese Möglichkeit läuft allerdings am 7. April aus. Laut Entwurf soll für die neue Austauschmöglichkeit gelten, dass die Gesamtmenge des Wirkstoffes nicht überschritten wird. Abweichungen von der eigentlichen Verordnung sind demnach in den folgenden Bereichen möglich:

> die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung definierten Messzahl,

> die Packungsanzahl,

> die Entnahme von Teilmengen aus Fertigarzneimittelpackungen, soweit die abzugebende Packungsgröße nicht lieferbar ist, und

> die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.

3)    Bei Kinderarzneimitteln soll es dauerhafte finanzielle Anreize für Hersteller geben. Konkret sollen Kinderarzneimittel in künftigen Festbetragsgruppen nicht mehr berücksichtigt werden. Die Hersteller können ihre Abgabepreise für diese Arzneimittel zudem einmalig um bis zu 50 Prozent über den zuletzt geltenden Festbetrag anheben. Wenn Festbetragsgruppen aufgehoben werden, sollen die Hersteller ihre Preise auch um 50 Prozent steigern können.

4) Die Krankenkassen sollen mit Generika-Herstellern eine neue Lagerhaltungspflicht aushandeln. Die neue Bevorratungspflicht soll drei Monate betragen und nur für Rabattarzneimittel gelten.

5)    Die von Minister Lauterbach angekündigte Reform der Rabattverträge soll lediglich für Onkologika und Antibiotika kommen. Konkret sollen die Lieferketten diversifiziert werden, indem Rabattverträge auch mit Herstellern vereinbart werden, die die Wirkstoffe oder Bulkware für diese Arzneimittel ganz oder zu einem überwiegenden Anteil in Europa herstellen.

6)    Für anerkannte Reserveantibiotika mit neuen Wirkstoffen soll den Herstellern ermöglicht werden, den von ihnen bei Markteinführung gewählten Abgabepreis auch über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus beizubehalten; die Verhandlung zur Höhe des Erstattungsbetrags entfällt, bei Mengenausweitungen zum Beispiel durch Indikationserweiterungen sind Preis-Mengen-Vereinbarungen vorgesehen.

7)    Für Klinikapotheken und krankenhausversorgende Apotheken werden erhöhte Bevorratungsverpflichtungen eingeführt. Diese sollen für Arzneimittel zur parenteralen Anwendung in der intensivmedizinischen Versorgung und auch für Antibiotika gelten.

8) Das BfArM soll ein Frühwarnsystem für versorgungsrelevante Lieferengpässe entwickeln.

9)    Alle Maßnahmen sollen bis Ende 2025 evaluiert werden.

Regelungslücke droht

Der Zeitplan für das Gesetz ist noch unklar. Für einige Regelungen, unter anderem für die neue Apotheken-Pauschale, sieht der Entwurf besondere, noch nicht genauer definierte Daten zum Inkrafttreten vor. Klar ist aber, dass den Apotheken bei den Abgaberegeln eine Regelungslücke droht. Schließlich laufen die während der Pandemie eingeführten Rabattvertrags-Aufweichungen am 7. April aus. Es erscheint unrealistisch, dass das gesamte Gesetzgebungsverfahren bis dahin abgeschlossen ist, um die Nachfolgeregelung rechtzeitig gesetzlich zu etablieren. Wenn keine andere Lösung gefunden wird, beispielsweise Friedenspflichten mit den Krankenkassen, könnte es dazu kommen, dass die Apotheken ab Anfang April dann wieder mit den ursprünglichen Rabattvertragsregeln arbeiten müssen.

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