BMG-Entwurf: Streichung der Höchstverschreibungsmengen |
Melanie Höhn |
26.10.2022 13:00 Uhr |
Laut Referentenentwurf soll auch die Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger weiterentwickelt werden. / Foto: IMAGO/YAY Images
Laut eines Referentenentwurfs des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur »Vierten Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung« sollen die Regelungen zu den Höchstverschreibungsmengen bei Betäubungsmitteln nach der Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) gestrichen werden, »da diese Vorgaben nicht mehr mit den auf dem Arzneimittelmarkt vorhandenen Betäubungsmitteldarreichungsformen kompatibel sind«, heißt es seitens des BMG.
Die Anwendungspraxis der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) habe gezeigt, dass bestimmte Regelungen, wie etwa die Vorgabe ärztlicher Höchstverschreibungsmengen und Verschreibungszeiträume zu bestimmten Betäubungsmitteln, »nicht mehr dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und den Erfordernissen der ärztlichen Praxis entsprechen«.
In der Praxis habe sich gezeigt, dass diese Vorgabe aufgrund der fortschreitenden medizinischen Entwicklung zu keiner höheren Sicherheit für den Betäubungsmittelverkehr geführt habe, sondern insbesondere mit einem verzicht- und vermeidbaren erhöhten Bürokratieaufwand für die verschreibenden Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker einhergehe. Weiterhin würden die Arbeitsabläufe bei der Überprüfung der Betäubungsmittelverschreibung hinsichtlich der Einhaltung der Höchstverschreibungsmengen überflüssig. Dies entlaste die Überwachungsbehörden der Länder und ermögliche Vereinfachungen bei der Abrechnung von Betäubungsmittelverschreibungen, ließ das BMG im Entwurf verlauten. Für Apotheken reduzieren sich laut BMG die Kontrollaufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie das Risiko von Regressforderungen durch die gesetzlichen Krankenkassen bei Überschreitung der zulässigen Höchstverschreibungsmenge.
Durch den Wegfall der Höchstverschreibungsmengen bedarf es laut BMG der Ausnahmeregelung, die Höchstverschreibungsmenge im begründeten Ausnahmefall zu überschreiten und dies mit dem Buchstaben »A« auf dem Rezept kenntlich zu machen, nicht mehr. Es habe sich gezeigt, »insbesondere im inzwischen breiter verfügbaren Bereich der Generikaverschreibungen von Betäubungsmitteln und bei der Verwendung unterschiedlicher Salze des selben Betäubungsmittels, dass es in Einzelfällen bereits bei einer mit der arzneimittelrechtlichen Zulassung adäquaten Verschreibungsmenge zu einer Überschreitung der festgesetzten Höchstverschreibungsmengen für den Zeitraum von 30 Tagen kommen kann«, so das BMG. Dadurch kam es in Einzelfällen zu Retaxierungen und Regressforderungen der Kostenträger. Diese Folgen einer Höchstmengenüberschreitung konnten nach bisherigem Recht im begründeten Einzelfall durch Kennzeichnung der Betäubungsmittelverschreibung mit einem »A« durch die verschreibende Ärztin oder dem verschreibenden Arzt vermieden werden und bedurften einer begründeten Entscheidung im Einzelfall.
Ein Kontrollinstrument für die Verschreibung von Betäubungsmitteln durch Ärztinnen und Ärzte seien weiterhin die Vorschriften des Paragraf 13 BtMG, die eine medizinisch begründete Indikationsstellung im Kontext mit einer ärztlichen Subsidiaritätsprüfung bei der Anwendung von Betäubungsmitteln vorsehen. »Weiterhin tragen die arzneimittelrechtlichen Zulassungsvorschriften auch bei Betäubungsmitteln zu einer indikationsgerechten Verschreibung bei«, so das BMG.
Laut Referentenentwurf soll auch die Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger weiterentwickelt werden, insbesondere die »Verstetigung der coronabedingten Sonderregelungen, soweit sich diese in der Pandemie bewährt haben«, so das BMG. Darüber hinaus hätten die Erfahrungen mit den durch die SARS-CoV2-Arzneimittelversorgungsverordnung befristet eingeführten Ausnahmeregelungen zur Weitergewährleistung der Substitutionstherapie für Opioidabhängige unter pandemischen Bedingungen gezeigt, »dass mehr Flexibilität in den Behandlungsabläufen die erfolgreiche Durchführung einer Substitutionstherapie nach Paragraf 5 BtMVV begünstigen kann, ohne dass es hierdurch zu einer Beeinträchtigung der Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs kommt«.
Dazu gehört für Arztinnen und Ärzte eine erleichterte Vorschrift zum Verschreiben eines Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme bis zu sieben Tagen. Für Apotheker entfällt laut BMG die Verpflichtung zur Kennzeichnung von Betäubungsmittelverschreibungen in bestimmten Fällen mit dem Buchstaben »Z«. Gleichzeitig entfallen Prüfaufgaben bezüglich des Verschreibungszeitraumes, »ob dieser die Bedingungen für zwei Tage oder über ein Wochenende bzw. über Feiertage (einschließlich Brückentage) erfüllt«. Betäubungsmittelverschreibungen seien zukünftig nach Maßgabe des neuen Absatzes 8 einheitlich – neben dem bereits bisher erforderlichen Buchstaben »S« – im Falle der Verschreibung zur eigenverantwortlichen Einnahme (Take-Home) mit dem Buchstaben »T« zu kennzeichnen.
Deshalb sei es gerechtfertigt und angemessen, die bis zum 7. April 2023 befristeten Ausnahmevorschriften der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung dauerhaft in die BtMVV zu überführen. Dabei werde die Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs weiterhin gewährleistet, erklärte das BMG weiter.