Blut sparen bei Operationen |
Laura Rudolph |
08.05.2023 09:00 Uhr |
Patient Blood Management zielt unter anderem darauf ab, Fremdblut bei Operationen zu sparen. / Foto: Adobe Stock/motortion
»Wählen Sie bei einer geplanten Operation das Krankenhaus gewissenhaft aus«, riet Professor Dr. Kai Zacharowski von der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie des Universitätsklinikums in Frankfurt am Main am Freitag bei einem Satelliten-Symposium beim ADKA-Kongress. Um Anämie-bedingte Operationsrisiken zu minimieren, empfahl er, eine Klinik zu wählen, die über ein sogenanntes PBM-Zertifikat verfügt.
Die Abkürzung PBM steht für »Patient Blood Management.« Das medizinische, interdisziplinäre Konzept zielt darauf ab, die Patientensicherheit bei operativen Eingriffen zu erhöhen und körpereigene Blutreserven zu schonen. Es beruht im Wesentlichen auf der Behandlung einer Anämie vor einer planbaren Operation, dem Minimieren von Blutverlusten während und nach dem Eingriff sowie auf dem rationalen Einsatz von Blutkonserven.
Professor Dr. Kai Zacharowski referierte beim ADKA-Kongress zum Patient Blood Management. / Foto: Michael Philipp Bader
Insbesondere die Behandlung der Blutarmut vor Operationen sei essenziell, so Zacharowski. Eine Anämie liegt bei Frauen definitionsgemäß ab einem Hämoglobinwert <12 g/dL vor, bei Männern ab <13 g/dL. »Frauen müssen entsprechend anders auf Operationen vorbereitet werden«, schlussfolgerte der Arzt. Bis zur Normalisierung des Hämoglobinwerts solle außer in Notfällen nicht operiert werden, gegebenenfalls könne eine intravenöse Eisengabe im individuellen Fall erwogen werden, so der Mediziner.
Mit einer Prävalenz von etwa 10 bis knapp 50 Prozent ist die präoperative Anämie nicht selten – und nicht ungefährlich, wie Zacharowski verdeutlichte: »Bei Patienten mit präoperativer Anämie verlängert sich die Dauer des Krankenhausaufenthalts um durchschnittlich 22 Prozent, das Risiko für Infektionen verdoppelt sich und das Risiko für Nierenschäden vervierfacht sich.« Das Risiko für frühzeitigen Tod steige auf das Dreifache, so der Arzt.
Zu den präoperativen Maßnahmen des PBM zählt neben der Behandlung einer etwaigen Anämie, einer Blutungsanamnese und Gerinnungsdiagnostik auch die Minimierung von Blutentnahmevolumina. Wie viel Blut dem Körper durch venöse Blutentnahmen bei einem längeren Krankenhausaufenthalt entzogen wird, veranschaulichte der Arzt: »Wenn Sie 25 Tage im Krankenhaus waren, ergibt sich alleine durch die Summe der routinemäßigen Blutentnahme ein Volumen von etwa 2,5 Litern.«
In seiner Klinik nutze man spezielle Blutentnahme-Röhrchen, die deutlich weniger Blutvolumen benötigten, so Zacharowski. Dies schone nicht nur die körpereigenen Blutreserven, sondern produziere auch weniger hochinfektiösen Müll und spare Kosten ein.
Um die körpereignen Blutreserven bei Operationen zu schonen, sind gemäß PBM minimalinvasive beziehungsweise blutsparende Techniken zu bevorzugen. Bei Blutverlusten während eines operativen Eingriffs könne eine sogenannte autologe Bluttransfusion als fremdblutsparende Maßnahme erfolgen, erklärte Zacharowski. Blutverluste werden dabei durch patienteneigenes Blut ausgeglichen. Das minimiert überdies die Risiken, die mit einer Fremdblutspende einhergehen können.
Infektionen sind hierbei ein geringes Problem: »Das Risiko, von einem Blitz getroffen zu werden, ist höher, als sich durch eine Blutspende mit HIV oder Hepatitis C anzustecken«, stellte der Arzt klar. Weitaus höher sei dagegen das Risiko für allergische Reaktionen auf die Blutspende oder die sogenannte transfusionsassoziierte Volumenüberlastung (Transfusion Associated Circulatory Overload, TACO). Bei dieser liegt ein Lungenödem vor, das durch die Überlastung der Pumpleistung des Herzens zustande kommt. »Etwa einer von 100 Patienten entwickelt eine solche schwerwiegende Komplikation«, sagte Zacharowski. Nach der Operation gelte es, im Sinne des PBM Nachblutungen zu vermeiden oder frühzeitig zu erkennen sowie die Blutentnahme für Untersuchungen zu reduzieren.