Bislang 355 KfW-Kredite für AvP-Apotheken |
Von den 2617 von der AvP-Pleite betroffenen Offizin-Apotheken erhielten bislang lediglich 355 Apotheken einen günstigen KfW-Hilfskredit. / Foto: imago images/Jan Huebner
Ein gutes halbes Jahr ist es nun her, dass die Insolvenz beim Apothekenrechenzentrum AvP den gesamten Apothekenmarkt erschütterte. 2617 Offizin-Apotheken waren von der Pleite betroffen und spüren die finanziellen Einbußen noch bis heute. Mindestens vier Apotheken mussten aufgrund der Rechenzentrums-Insolvenz sogar ihren eigenen Betrieb aufgeben. Denn: Nur wenige Apotheken erhielten bislang Teile der ausbleibenden Abschlagszahlungen zurück. Die meisten mussten sich häufig mit privaten Krediten über Wasser halten. Die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten günstigen Hilfskredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) konnten jedoch nur 355 Apotheken in Anspruch nehmen (Stand 19. März 2021), heißt es in der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag. Federführend stellte die Anfrage der Bundestagsabgeordnete Wieland Schinnenburg.
Zwar hätten 368 Apotheken einen KfW-Antrag mit einem Antragsvolumen in Höhe von insgesamt 71 Millionen Euro gestellt. Davon wurden jedoch nur 355 mit einem Gesamtvolumen von 69 Millionen Euro bewilligt, informierte das BMG. Durchschnittlich bewilligte die KfW-Bank demnach rund 194.000 Euro je Offizin. Die Differenz zwischen Anträgen und Zusagen erklärt sich das BMG aufgrund von zurückgezogenen Anträgen.
Damit hat sich die Anzahl der bewilligten KfW-Kredite zwar nochmal erhöht, denn bis zum 26. November 2020 nutzten nur 87 der betroffenen Apotheken einen solchen Kredit. Allerdings ist es mit Blick auf die Gesamtzahl der von der AvP-Pleite betroffenen Apotheken immer nur noch ein sehr kleiner Teil, die die Hilfskredite der KfW nutzen konnten. Dies kritisiert auch Schinnenburg: »Die Situation für die betroffenen AvP-Apotheken bleibt bitter: Sie müssen sich selbst helfen oder mit den bestehenden Bundeshilfen klarkommen. KfW-Sonderhilfen, geschweige denn Erleichterungen in den Rückzahlungskonditionen, gibt es für sie nicht.« Die Gefahr von Insolvenzen und etwaige Versorgungsengpässe seien damit keinesfalls gebannt. Warum viele Apotheken Probleme haben einen KfW-Kredit zu erhalten, hatte die Pharmazeutische Zeitung bereits erläutert.
Auf die Frage, ob die Bundesregierung Handlungsbedarf sieht, damit derartige Finanzausfälle nicht mehr vorkommen, verweist das BMG lediglich auf ein aktuelles Vorhaben der Großen Koalition. Künftig sollen Apothekenrechenzentren zur Nutzung von Treuhandkonten verpflichtet werden, damit Gelder von Dritten künftig sicher verwahrt werden. Dieses Vorhaben soll in der Änderung des Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetzes (GVWG) eingebracht werden. Allerdings bleibe hier das Ergebnis des parlamentarischen Verfahrens abzuwarten, so das BMG. Diese Entwicklung sieht Schinnenburg positiv: Mit verpflichtenden Treuhandkonten für Abrechnungsstellen würde eine FDP-Forderung umgesetzt werden.
Das BMG geht zudem darauf ein, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) zeitnah »bei mehreren Factoringinstituten im Gesundheitswesen Sonderprüfungen« durchführen will. Dies gab das BMG bereits im Februar bekannt. Für die Prüfung sollen »Wirtschaftsprüfer bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften« durchgeführt werden, aufgrund der »hierfür teilweise erforderlichen Spezialkenntnisse im medizinischen Abrechnungswesen«. Die Mitarbeiter der BaFin sind für solche Prüfungen demnach schlichtweg nicht geschult und sollen die Prüfungen lediglich begleiten. Welche Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die Prüfung übernehmen sollen, soll aus vergaberechtlichen Gründen europaweit ausgeschrieben werden. Die Ausschreibung erfolgt aber erst, »sobald die vorgelagerten Vorbereitungen abgeschlossen sind«. Damit wird es noch eine ganze Zeit dauern, bis es erste Ergebnisse der Sonderprüfung geben wird. Das BMG selbst geht davon aus, dass diese zum »Jahreswechsel 2021/2022« vorliegen werden.
Auf die Frage, inwiefern die flächendeckende Arzneimittelversorgung durch Präsenzapotheken auch in Zukunft sichergestellt werden könne, argumentiert das BMG, dass in der laufenden Legislaturperiode einige Maßnahmen getroffen wurden, um diese sicherzustellen. Damit greift das BMG die Stärkung des Botendienstes mit der Verstetigung der Vergütung, die Gleichpreisigkeit bei Rx-Arzneimittel für gesetzlich Versicherte sowie die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen auf.
Zudem ist sich das BMG sicher, dass mit der Einführung und Bereitstellung des E-Rezepts »Abrechnungsverfahren in der Apotheke unterstützt und vereinfacht werden« können. Denn das aufwendige Scannen der bisherigen Papierrezepte würde damit entfallen und eine medienbruchfreie, sichere Weiterleitung der Verordnungsdaten werde ermöglicht. Damit spielt das BMG auch auf die Möglichkeit an, dass es künftig mit digitalen Verordnungen einfacher werden könnte, die Rezepte direkt an die Krankenkassen weiterzuleiten ohne die Inanspruchnahme der Dienste von Apothekenrechenzentren. Zumal eine Anbindung der Rechenzentren an die Telematikinfrastruktur derzeit nicht vorgesehen sei, so das BMG. Diese Anbindung der Abrechner würde Schinnenburg jedoch begrüßen.
Die Entscheidung der Inanspruchnahme eines Apothekenrechenzentrums sei damit eine privatwirtschaftliche, schreibt das BMG. Denn die Regelungen im Sozialgesetzbuch (SGB) V würden keine verpflichtende Inanspruchnahme vorsehen. Etwaige Auswirkungen der AvP-Insolvenz auf die Arzneimittelversorgung würden von der Bundesregierung allerdings weiterhin »aufmerksam« beobachtet.