BGH-Urteil könnte sich auf Apothekenreform auswirken |
Cornelia Dölger |
13.02.2024 12:00 Uhr |
Das BMG will abwarten, bis die Urteilsbegründung vorliegt, und dann die Folgen des BGH-Urteils für die Arzneimittelversorgung prüfen. / Foto: imago images/Müller-Stauffenberg
Skonti, die die 3,15-Prozent-Spanne beim Rx-Einkauf überschreiten, sind unzulässig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden und damit die Apothekenbranche in Aufruhr versetzt. Denn ohne die Kombination aus Rabatten und Skonti würden viele Apotheken empfindliche Einbußen beim Betriebsergebnis hinnehmen müssen. Entsprechend bestürzt fielen viele erste Reaktionen etwa von Verbänden aus.
So lange die Urteilsgründe nicht vorliegen, ist allerdings noch gar nicht geklärt, ob das Urteil für alle Apotheken wirksam wird. Wie in jedem Zivilverfahren gilt es zunächst einmal nur für die Beteiligten, in diesem Fall die klagende Wettbewerbszentrale und den beklagten Reimporteur Haemato. Es ist aber gut möglich, dass das Urteil verallgemeinert wird. Darüber hat die PZ mit dem Rechtsanwalt Ulrich Laut, der auch Hauptgeschäftsführer der Apothekerkammer Hessen ist, gesprochen.
Der möglichen Folgen des Urteils für die Arzneimittelversorgung ist sich auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) bewusst. Diese sollten geprüft werden, sobald die Urteilsbegründung vorliegt, wie das BMG heute der PZ mitteilte. Um die Auswirkungen genau auszuwerten, würden auch die schriftlichen Urteilsgründe abgewartet und geprüft, so ein Ministeriumssprecher. In diesem Zusammenhang wies er auf die Pläne des BMG für die Apothekenreform hin.
Teil der Reformpläne ist auch der Abschlag, den Apotheken den Kassen gewähren müssen. In vielen Reaktionen auf das BGH-Urteil hatten Apothekerverbände gefordert, dass dieser nun außer Kraft gesetzt werden solle. Der Abschlag wurde mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz von 1,77 auf 2 Euro pro Packung erhöht. Die Maßnahme ist eigentlich bis Ende Januar 2025 befristet. Sie ist im Sozialgesetzbuch V (SGB-V) festgehalten, was bedeutet, dass sie nicht per Verordnung abgeschafft werden, sondern allenfalls als Omnibus an ein laufendes Gesetzgebungsverfahren angehängt werden kann.
Das BMG äußerte sich dazu nicht. Terminlich könnte dies allerdings knapp werden, denn der BGH hat bis zu fünf Monate Zeit, die Urteilsgründe vorzulegen. Die Apothekenreform gehe hingegen schon »in Kürze« in die Anhörung, wie der Ministeriumssprecher ankündigte.
Thomas Rochell, Vorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), verlangte vor dem Hintergrund des BGH-Urteils, dass die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel vollständig gestrichen wird. Damit ließe sich die Abschaffung des Kassenrabatts finanzieren, so Rochell in einer Mitteilung. Ein solcher Schritt würde für die gesetzlichen Krankenkassen nicht nur den Ausfall des Kassenrabatts »mehr als kompensieren, sondern zugleich Spielräume für die dringend erforderliche Honorarerhöhung eröffnen«. Über die Mehrwertsteuer verdiene der Staat an jeder Arzneimittelpackung deutlich mehr als die Apotheken – und zwar zu Lasten der Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung.