Bezahlung effektivster Anreiz zum Impfenlassen |
Theo Dingermann |
11.10.2021 17:30 Uhr |
Zudem untersuchten die Wissenschaftler verschiedene andere Arten von Verhaltensanreizen, um für eine Impfung zu motivieren. Dazu baten sie die Teilnehmer einer Gruppe, eine Liste mit vier Personen zu erstellen, die von der Impfung des jeweiligen Teilnehmers profitieren würden (Bedeutung der sozialen Wirkung). Ferner sollten die Probanden einer anderen Gruppe Argumente aufschreiben, die eine andere Person am besten von der Impfung überzeugen könnten (Bedeutung von Argumenten). Die Probanden einer dritten Gruppe wurden aufgefordert, an einem Quiz mit Informationen über die Sicherheit und Wirksamkeit von Covid-19-Impfstoffen teilzunehmen (Bedeutung von Information). Um auch den Einfluss einer wiederholten Aufforderung zur Impfung messen zu können, erhielten die Teilnehmer einer Gruppe (Gruppe ohne Erinnerung) nach der ersten Kontaktaufnahme keine weitere Mails.
Einige dieser Anregungen erhöhten zwar die Impfabsicht der Teilnehmer statistisch signifikant, vor allem der Hinweis auf die sozialen Auswirkungen und die Bemühungen, eine Person argumentativ von einer Impfung zu überzeugen. Keine erhöhte aber die tatsächliche Impfrate. Gepoolt steigerten die drei Verhaltensanreize soziale Wirkung, Argumente und Information die Impfabsicht um 1,8 Prozentpunkte. Trotz der bekundeten Absichtserklärungen stieg dann jedoch die Impfrate nur um statistsisch nicht signifikante 1,2 Prozentpunkte. Auch eine Erinnerung erwies sich als enttäuschend wenig effektiv.
Erstmals zeigt eine randomisierte und kontrollierte Studie, dass eine Belohnung die Impfrate erhöhen kann, selbst wenn die Ausgangsimpfquote hoch ist. Allerdings ist die Qualität der Anreize entscheidend. Während selbst verhältnismäßig kleine monetäre Anreize die Impfrate signifikant zu steigern vermögen, zeigen verhaltensbezogene Anreize keine signifikanten Effekte.
Die Ergebnisse dieser Studie sind deshalb wichtig, weil es bisher umstritten war, ob monetäre Anreize zur Förderung der Akzeptanz von Covid-19-Impfung beitragen können. Dies konnte bestätigt werden. Andere Bemühungen erwiesen sich jedoch als unwirksam oder gar kontraproduktiv.
Die Autoren weisen ausdrücklich darauf hin, dass ihre Studie nicht als Aufforderung zur Bezahlung für die Impfbereitschaft missverstanden werden sollte, da die normative Frage, ob die Bezahlung von Impfungen ethisch zulässig ist, nicht behandelt wurde.
Bürger dafür zu bezahlen, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen, wäre offenbar gut investiertes Geld. Für rational denkende Menschen ist es zwar bereits schwer nachvollziehbar, wenn jemand ein Impfangebot gegen Covid-19 aus persönlichen Gründen ablehnt. Schließlich hat diese Impfung ihre Sicherheit und Wirksamkeit millionenfach dokumentiert und von einer hohen Durchimpfungsrate profitiert die gesamte Bevölkerung. Nicht mehr zu verstehen sind hingegen diejenigen, die sich erst durch einen lächerlich kleinen Geldbetrag zur Impfung motivieren lassen. Doch diese scheint es zu geben.
Man muss wohl akzeptieren, dass ein solcher überschaubarer Anreiz tatsächlich ein gut angelegtes Investment für eine Gesellschaft zu sein scheint. In Deutschland ließe es sich leicht aus den Mitteln aufbringen, die ab heute durch die größtenteils nicht mehr öffentlich finanzierten Antigentests eingespart werden. Bei allen, die nicht dafür bezahlt werden müssen, um rational zu entscheiden, wird diese Erkenntnis allerdings Kopfschütteln verursachen.
Professor Dr. Theo Dingermann, Senior Editor
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.