Bei Grippe und Corona sollte nicht Schluss sein |
Apotheker können mit ihrem niedrigschwelligen Angebot einen Beitrag zur Erhöhung der Impfquoten leisten. Das wurde bei einer Diskussion auf der Expopharm deutlich. / Foto: imago images/photothek
Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, setzte sich in der Diskussionsrunde dafür ein, Apothekern künftig zu ermöglichen, in der Regelversorgung neben Grippe und Corona gegen weitere Erkrankungen zu impfen. Das sei gesundheitspolitisch, aber auch betriebswirtschaftlich sehr wichtig, sagte Preis. Er wies darauf hin, dass Apotheken für Impfungen einen separaten Raum inklusive Personal vorhalten müssen. »Das rechnet sich wirtschaftlich nur dann, wenn sie ganzjährig impfen und auch weitere Impfungen anbieten können«, betonte Preis.
Dass Apothekerinnen und Apotheker künftig in der Regelversorgung weitere Schutzimpfungen durchführen dürfen, kann sich auch Thorsten Klute (SPD), Sprecher des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales im nordrhein-westfälischen Landtag, gut vorstellen. Bereits jetzt gebe es seines Wissens nach Überlegungen im Bundesgesundheitsministerium, das Impfen in der Apotheke auszuweiten. Man hätte erkannt, dass die Apotheken eine große Unterstützung im Hinblick auf die Versorgung in der ganzen Fläche sein können. Er gehe davon aus, dass noch in dieser Legislaturperiode des Bundestages mehr davon zu hören sein wird, sagte Klute.
Die Impfquoten zu erhöhen, ist für Ramin Heydarpour, Market Access Manager bei Pfizer, das Ziel aller Bemühungen. Apotheken könnten mit ihren längeren Öffnungszeiten im Vergleich zu Ärzten und über den niedrigschwelligen Zugang einen wesentlichen Beitrag dazu leisten.
Das Modellvorhaben zur Grippeimpfung in Nordrhein sei ein großer Erfolg gewesen, berichtete Heydarpour. Die Auswertung hätte gezeigt, dass alle Bevölkerungsgruppen ab 18 Jahre erreicht worden seien. Einen Punkt hob er besonders hervor: Jede dritte Impfung in der Apotheke sei bei einer Person durchgeführt worden, die noch nie zuvor gegen Grippe geimpft wurde. Fast jeder konnte sich vorstellen, auch für weitere Impfungen, beispielsweise gegen FSME, in die Apotheke zu gehen.
Die guten Ergebnisse der Modellvorhaben in Frankreich hätten dazu geführt, dass die Apotheker dort seit Beginn des Jahres 2023 alle Totimpfstoffe verimpfen dürfen, führte Heydarpour aus. »Das wäre auch für Deutschland wünschenswert, um die nach wie vor niedrige Impfquote anzuheben«, sagte er. Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes liegt die Impfquote bei der Grippeschutzimpfung bei Über-60-Jährigen unter 50 Prozent. Die Zielvorgabe der Europäischen Union sieht allerdings eine Impfquote von 75 Prozent vor.
Manfred Schubert-Zsilavecz, Pharmazieprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, äußerte ebenfalls die Ansicht, dass Apothekerinnen und Apotheker zu einer höheren Durchimpfungsrate der Bevölkerung beitragen könnten. Er wies daraufhin, dass Apotheker den Sicherheitsaspekt sehr ernst nähmen und dass sie in Schulungen auf Zwischenfälle vorbereitet werden. Bisher seien jedoch weltweit nur sehr wenige Komplikationen aufgetreten, informierte Schubert-Zsilavecz.
Rechtsanwalt Ulrich Grau stellte die aktuellen rechtlichen Vorgaben zu Impfungen in Apotheken vor. Grau ist Partner in der Kanzlei D+B Rechtsanwälte, eine der größten Kanzleien im Gesundheitswesen. Demnach regelt § 20c des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) die dauerhafte Berechtigung von Apothekern zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen und Corona-Impfungen. Sichergestellt sei per Gesetz, dass nur in öffentlichen Apotheken geimpft werden dürfe (und nicht etwa in Krankenhaus-Apotheken), und dass die Schulung der impfenden Pharmazeuten durch einen Arzt erfolgen müsse, erklärte Grau. Es müsse beachtet werden, dass gegen Grippe nur Personen ab 18 Jahren geimpft werden dürfen. Im Fall der Corona-Schutzimpfung dürfen alle Personen ab 12 Jahren geimpft werden.
Das SGB V schreibt in § 132 zudem vor, dass der GKV-Spitzenverband und der DAV einen Vertrag über die Durchführung von Impfungen gegen Grippe und Corona abschließen sollen, der unter anderem die Vergütung, Abrechnung und Dokumentation regelt. Dieser liegt seit dem 12. Mai dieses Jahres in der aktuellen Fassung vor.
Das Impfen als apothekenübliche Dienstleistung sei klar in der Apothekenbetriebsordnung geregelt, führte Grau aus. Insgesamt sei der Gesetzgeber vernünftig und umfangreich vorgegangen, um die Impfung als Regelleistung in der Apotheke zu implementieren, so Grau.
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