Behörden versprechen schnelle Covid-19-Zulassungen |
Daniela Hüttemann |
17.04.2020 12:20 Uhr |
Mit Hochdruck wird derzeit an spezifischen Arzneimitteln für Covid-19-Patienten gearbeitet. Dabei wollen die Behörden so gut es geht den Weg ebnen, ohne die Zulassungsstandards abzusenken. / Foto: Getty Images/Jose A. Bernat Bacete
»Wir haben derzeit die Schwerpunkte im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verändert«, erklärte Behördenchef Professor Dr. Karl Broich am Freitagmorgen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dem Robert-Koch-Institut (RKI) und dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Man habe mehr Personal abgestellt für die Themen Lieferengpässe, Prüfung klinischer Studien und Zulassungen.
»Es gibt einige erfolgversprechende Therapieansätze«, so der BfArM-Präsident. Derzeit laufen in Deutschland bereits drei klinische Studien mit dem antiviralen Wirkstoff Remdesivir. An den multinationalen Studien seien relativ viele deutschen Standorte und Patienten eingeschlossen. Erste Daten werden in rund drei Monaten erwartet. Das Medikament soll, wenn es sich als wirksam und sicher erweist, zentral in der EU zugelassen werden. Dabei werden Deutschland und Österreich die Bewertung durchführen, kündigte Broich an. Zudem liefen derzeit hierzulande auch drei Studien mit Hydroxychloroquin beziehungsweise Chloroquin in unterschiedlichen Dosen. Gerade bei diesen Arzneimitteln sei es wichtig, auch auf die Sicherheit zu achten.
»Wir haben Meldungen über unerwünschte Wirkungen und sogar Todesfälle aus dem Ausland«, betonte Broich. Die Betroffenen hätten sich die Medikamente zum Teil in Eigenregie besorgt. »Wir dürfen keine Standards bei den Zulassungen senken«, sagte er. Es werde keine Sonderregeln geben, sondern bereits bestehende Möglichkeiten wie das beschleunigte Zulassungsverfahren würden derzeit ausgeschöpft.
Das gelte auch für die Sonderzulassungen nicht CE-gekennzeichneter Medizinprodukte wie Schutzmasken oder Coronavirus-Schnelltests. Es habe bereits 220 entsprechende Anträge gegeben, täglich kämen rund 30 hinzu. »Auch hier werden keine Standards gesenkt«, betonte Broich. Alle Produkte würde anhand von Checklisten geprüft. Derzeit sei im Übrigen noch kein guter Schnelltest für den Endverbraucher auf dem deutschen Markt.
Um Engpässe bei Intensivmedikamenten kümmere sich eine Corona-Task Force, die eng mit der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) zusammenarbeiten würde. Broich betonte, dass es noch keine Versorgungsengpässe gebe.
Zwar hätten Covid-19-Patienten einen erhöhten Bedarf an Intensivmedikamenten, da sie länger beatmet werden müssen als andere Intensivpatienten. Auf der anderen Seite finden keine geplanten Operationen statt, sodass zumindest die großen Kliniken noch gut bevorratet seien.
Es gebe allerdings regionale Engpässe, räumte der BfArM-Chef ein. Hier soll die Task Force für eine Umverteilung sorgen. »Wir verlegen quasi die Arzneimittel von wenig belegten Stationen. Es zeichnet sich ab, dass wir das in den Griff bekommen.« So habe man beispielsweise Propofol-Hersteller Fresenius die Erlaubnis erteilt, auch größere Ampullen abzufüllen, um die Produktion ohne Qualitätseinbußen zu vereinfachen. Auch mit Heparin sei man noch gut bevorratet. Überraschend sei gewesen, dass Covid-19-Patienten eine Neigung zu Thrombosen und Embolien hätten.
Zum Stand der Impfstoffentwicklung nahm der PEI-Chef Professor Dr. Klaus Cichutek Stellung. Die Behörde wolle derzeit gezielt vielversprechende Kandidaten in die klinische Studien begleiten und sich auf essenzielle Prüfungen konzentrieren. »Wir können bestimmte Phasen der Prüfung komprimieren«, so Cichutek. Neben der Wirksamkeit liege gerade bei Impfstoffen der Fokus aber auf der Verträglichkeit und Sicherheit.
Erste Impfstoffe werden in anderen Ländern bereits am Menschen getestet. In Kürze werden auch in Deutschland klinische Studien starten, kündigte der PEI-Chef an. Dabei handele es sich um zwei RNA- und zwei vektorbasierte Vakzinen. Detaillierte Angaben dazu wollte er nicht machen. Die Pharmaunternehmen und akademischen Einrichtungen in Deutschland seien bei der Entwicklung ganz vorn mit dabei und würde miteinander und auch international eng kooperieren. »Wir werden mehrere Hersteller für den Bedarf brauchen und auch verschiedene Impfstoffe, da absehbar ist, dass sie sich in ihren Eigenschaften unterscheiden werden«, prognostizierte Cichutek.
Der Bundesgesundheitsminister ergänzte, dass auch die deutsche Pharmaindustrie sich derzeit bereits vorbereite, die Produktionskapazitäten hochzufahren. Der Staat begleite und fördere dies auch finanziell. Denn normalerweise würden Produktionskapazitäten erst nach der Zulassung ausgebaut. Es soll staatliche Abnahmegarantien für deutsche Hersteller geben.
Spahn betonte aber auch, dass man in Deutschland nicht nur für den deutschen Markt produzieren will. Trotz aller Bemühungen wird es nicht sofort für alle genug Impfstoff geben. Der Minister erklärte, die Ständige Impfkommission (STIKO) solle sich bereits jetzt Gedanken machen, wer zuerst geimpft werden soll.