| Annette Rößler |
| 07.11.2023 07:00 Uhr |
Bettwanzen sind wenige Millimeter groß und rot-braun gefärbt. Junge Bettwanzen sind so hell, dass man nach dem Blutsaugen ihren Darm durchscheinen sieht. / Foto: Adobe Stock/Tomasz
Wer in diesem Herbst einen Aufenthalt in Paris plante, fand auf Social-Media-Plattformen neben den einschlägigen Tipps zu den besten Besuchszeiten des Eiffelturms auch entsetzte Berichte über einen massiven Bettwanzen-Ausbruch. Nicht nur in Hotelzimmern und Appartements wurden die unliebsamen Mitbewohner aufgespürt, fotografiert und geteilt, sondern angeblich auch in Kinos und in Zügen der Métro – wobei sich Letzteres zunächst nicht bestätigte. Nichtsdestotrotz berichteten auch seriöse Medien von der »Invasion der Bettwanzen« in der französischen Hauptstadt und stellten die Frage, ob ein ähnliches Szenario auch in Deutschland drohen könnte.
Diese Befürchtung teilte Kai Scheffler, Vorstandsmitglied des Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verbands, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa jedoch nicht. »Dieser Hype, der da gerade in Frankreich läuft, ist für uns alle ziemlich unverständlich«, sagte Scheffler. Zwar seien Bettwanzen mehr geworden, bestätigte der Experte, der einen eigenen Schädlingsbekämpfungsbetrieb in Paderborn führt. Das habe allerdings damit zu tun, dass Menschen nach der Coronapandemie wieder mehr reisen und aufmerksamer geworden seien. Es gebe keinen aktuellen Grund für das vermehrte Auftreten der Schädlinge. Statistiken zu Befällen liegen dem Verbandsvertreter nicht vor.
Genau darin sieht Dr. William Hentley von der University of Sheffield in Großbritannien aber ein großes Problem: Da offizielle Zahlen fehlten und Wohnungseigentümer sowie Hotelbesitzer einen Bettwanzenbefall in den eigenen vier Wänden lieber nicht publik machten, sondern diskret beseitigen ließen, könne man über das tatsächliche Ausmaß von Ausbrüchen wie derzeit in Paris nur rätseln, schreibt der Zoologe auf der Plattform »The Conversation«. Auch wisse man noch viel zu wenig darüber, wie Bettwanzen sich genau verbreiten, um Ausbrüche wirksam einzudämmen.
Die bekannten Fakten zu den Blutsaugern hat das Umweltbundesamt in der Broschüre »Bettwanzen – Erkennen, Vorbeugen, Bekämpfen« zusammengestellt, die auf der Internetseite der Behörde kostenlos heruntergeladen oder bestellt werden kann. Demnach ist die Bettwanze (Cimex lectularius) ein flugunfähiges, stark abgeplattetes Insekt, das ganzjährig und weltweit in bewohnten Innenräumen auftritt. Im ausgewachsenen Zustand sind Bettwanzen 4 bis 8,5 mm groß. Erwachsene Tiere sind rot-bräunlich gefärbt, die Juvenilstadien eher blässlich.
Die Insekten geben einen nach Bittermandel riechenden Duftstoff ab, auf den Hunde speziell trainiert werden können. Ein Verzeichnis zertifizierter Bettwanzen-Spürhunde ist bei der Bed Bug Foundation Deutschland zu finden.
Tagsüber halten sich Bettwanzen in ihren Verstecken auf: in Ritzen im Lattenrost, in engen Stofffalten oder auch hinter Lichtschaltern. / Foto: Adobe Stock/Georgy Dzyura
Hauptwirt der Bettwanze ist der Mensch; andere Warmblüter, zum Beispiel Hund oder Katze, werden nur in Ausnahmesituationen befallen. Die Parasiten sind nachtaktiv und werden von Körperwärme, CO2 und Körpergeruch angelockt. Sie stechen den Menschen, saugen drei bis zehn Minuten lang Blut und ziehen sich dann in ihre Verstecke zurück: in die Ritzen von Lattenrosten, in und hinter Bilderrahmen sowie hinter Lichtschalter, überstehende Tapetenränder oder Scheuerleisten. In den Verstecken und drumherum findet man oft schwarze, punktförmige Kottropfen.
Ein Bettwanzen-Weibchen produziert im Laufe seines Lebens bis zu 150 Eier, die etwa 0,5 mm lang, milchig-weiß und leicht gebogen sind. Sie werden im Versteck oder in unmittelbarer Umgebung auf eine Unterlage geklebt. Heraus schlüpfen etwa 1 mm große Wanzen im ersten Juvenilstadium. Die Tiere häuten sich im Verlauf ihres Lebens fünfmal und müssen vor jeder Häutung Blut saugen. Unter geeigneten Bedingungen können Bettwanzen über mehrere Monate hungern. Insgesamt beträgt ihre Lebenserwartung etwa sechs Monate.
Bettwanzenstiche können Mückenstichen ähneln, aber auch deutlich stärkere Reaktionen hervorrufen. / Foto: Adobe Stock/Photoboyko
Ob beziehungsweise wie stark Menschen auf die Stiche reagieren, ist individuell unterschiedlich. Bettwanzenstiche können sich in Form von juckenden und geröteten Pusteln, aber auch mit Blasen- und Quaddelbildung darstellen. Insofern sind sie – wenn sie im Sommer auftreten – von Mückenstichen meist nicht zu unterscheiden, außer womöglich anhand des Juckreizes, der bei Bettwanzenstichen stärker ausfallen kann. Deutlich größer ist häufig auch die psychische Belastung der Betroffenen.
Bettwanzenstiche sind somit unangenehm; gefährlich sind sie aber nicht, denn sie übertragen keine Krankheitserreger. Laut dem Umweltbundesamt wurde eine Erregerübertragung durch Bettwanzen im natürlichen Umfeld bislang nicht nachgewiesen. Es gebe auch keine Berichte über Krankheitsausbrüche, die mit Bettwanzen in Verbindung gebracht werden können. »Vor dem Hintergrund der starken Ausbreitung der Insekten müsste dies aber mittlerweile beobachtet worden sein«, räsoniert die Behörde.
Weil die Insekten in ihren Verstecken nur sehr schwierig zu finden sind, bekommt man einen Bettwanzenbefall in der Regel selbst nicht in den Griff. Hierzu braucht es die Hilfe eines professionellen Schädlingsbekämpfers. Je nach Ausmaß des Befalls müssen nur der betroffene Raum oder auch die gesamte Wohnung (mehrmals) mit Insektiziden behandelt werden. Verwendet werden dabei vor allem Kontaktinsektizide mit Langzeitwirkung, nämlich Pyrethroide wie α-Cypermethrin und Permethrin, Carbamate wie Bendiocarb und Pyrrole wie Chlorfenapyr.
Resistenzen insbesondere gegen Pyrethroide sind laut dem Umweltbundesamt zunehmend vor allem in den USA und in Australien ein Problem. Deutschland scheint derzeit hiervon noch nicht so stark betroffen zu sein. Um eine weitere Resistenzentwicklung zu verhindern und Gesundheitsgefahren zu vermeiden, wird von der Anwendung frei verkäuflicher Bettwanzenbekämpfungsmittel in Eigenregie dringend abgeraten.
Bettwanzen verbreiten sich hauptsächlich über befallene Gegenstände. Das können etwa Möbel, Matratzen, Bilderrahmen, CDs oder DVDs vom Flohmarkt sein, aber auch Reisegepäck. Um ein Einschleppen zu vermeiden, sollten daher gebraucht erworbene Gegenstände genau abgesucht werden. Es ist möglich, Bettwanzen abzutöten, indem man einen Gegenstand in einer fest verschlossenen Plastiktüte für drei Tage bei –18 °C einfriert oder im Ofen oder einer Sauna für mindestens eine Stunde auf mindestens 55 °C erhitzt.
Um von einer Reise keine Bettwanze als unliebsames Souvenir mit nach Hause zu bringen, sollte man in Hotelzimmern oder Pensionen Koffer oder Tasche grundsätzlich verschlossen und möglichst weit vom Bett entfernt aufbewahren. Diese Grundregel sollte auch in guten Unterkünften befolgt werden, denn Bettwanzen sind kein Zeichen schlechter Hygiene. Hegt man den Verdacht, in einem Zimmer mit Bettwanzen übernachtet zu haben, sollte man zu Hause sein Gepäck sicherheitshalber in der Badewanne auspacken und dabei genau inspizieren.
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