Bald kommt das Screening auf Lungenkrebs |
Christina Hohmann-Jeddi |
04.04.2024 18:00 Uhr |
Auch in Deutschland soll nun ein Screening implementiert werden. »In anderen Ländern hat sich aber gezeigt, dass dabei einige Probleme auftreten können«, berichtete Blum. Eines davon sei die Definition der Risikogruppe. Alter und Rauchen allein seien nicht die optimalen Kriterien, der Trend gehe in Richtung Risikomodelle. Falsch positive CT-Befunde und in der Folge unnötige Eingriffe seien in den klinischen Studien problematisch gewesen, doch dies sei mittlerweile gut beherrschbar. Blum stellte hierzu die Daten von Pilotprojekten aus Großbritannien vor: Von 100 gescreenten Personen haben demnach 14 einen auffälligen Befund, der durch Weiterbeobachtung entkräftet werden kann; eine invasive Diagnostik wird bei vier Personen notwendig, von denen die Hälfte eine Lungenkrebsdiagnose erhält.
Ein weiteres Problem stellen inzidentelle Befunde dar, also Auffälligkeiten in der Bildgebung, die keine Lungentumoren sind, aber weitere Diagnostik nach sich ziehen. Um dies zu vermeiden seien strenge Befundungsalgorithmen nötig, betonte der Mediziner. Nur klinisch Relevantes sollte berichtet werden. Das Problem der Folgerisiken durch Röntgenstrahlen-Belastung werde ernst genommen, aber an Bedeutung abnehmen, sagte der Experte. »Wir sind auf dem Weg zur Ultra-low-Dose CT.«
Das Projekt SOLACE der EU, in dem alle relevanten Lungenfachgesellschaften vertreten sind, soll die Implementierung von Low-Dose-CT-Programmen in EU-Ländern vorantreiben. Drei Länder hätten schon entsprechende Programme gestartet: Kroatien im Jahr 2020, Tschechien und Polen folgten danach. Zusätzlich hätten 20 EU-Länder und Norwegen Pilotprojekte gestartet.
Am Lungenkrebsscreening sollen langjährige Raucher zwischen 50 und 75 Jahren teilnehmen können. / Foto: Getty Images/seb_ra
Ende 2023 veröffentlichte die DGP zusammen mit weiteren Fachgesellschaften ein Positionspapier mit Vorschlägen, wie ein strukturiertes Lungenkrebs-Früherkennungsprogramm aufgebaut werden könnte. Wichtiger Bestandteil auf lokaler Ebene sei demnach die Screeningeinheit bestehend aus qualifizierten Ärzten zur Auswahl der Risikopersonen und den angeschlossenen Radiologen. Als mögliche Einschlusskriterien für das Screening werden ein Alter zwischen 50 und 75 Jahren und eine Rauchdauer von mehr als 25 Jahren beziehungsweise eine kumulative Exposition von mehr als 15 Packungsjahren (Zahl der täglich gerauchten Packungen multipliziert mit der Rauchdauer) genannt. Am Screening teilnehmen können Personen demnach nur, wenn sie aktiv rauchen oder nicht mehr als zehn Jahre zuvor damit aufgehört haben. Die Früherkennungsuntersuchung soll jährlich durchgeführt werden.
Wann könnte das Screening in Deutschland kommen? Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) habe Ende 2023 ein Beratungsverfahren eingeleitet, informierte Blum. Im zweiten Quartal 2024 soll vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) eine Lungenkrebs-Früherkennungs-Verordnung veröffentlicht werden, die eine nötige Voraussetzung für die strahlenschutzrechtliche Zulässigkeit des Screenings ist. »Dann hat der G-BA 18 Monate Zeit, zu entscheiden, ob die Untersuchung eine GKV-Leistung wird, und um möglichst viel Struktur in die Richtlinie zu bringen«, sagte der Mediziner. Mitte oder Ende 2025 werde es dann hoffentlich ein nationales Screening auf Krankenkassenkosten geben.