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Transplantationen

Die zweite Haut

Datum 11.12.2012  16:04 Uhr

Von Verena Arzbach / Kleine Wunden heilen meist von selbst. Sind jedoch große Flächen der Haut verletzt, zum Beispiel durch Verbrennungen, wird eine Hauttransplantation erforderlich. Da eigene Spenderhaut nur begrenzt verfügbar ist, suchen Forscher schon lange nach Wegen, künstliche Haut im Labor zu züchten.

Schwerwiegende großflächige Verbrennungen überfordern die Selbstheilungskräfte der Haut. Während der langen Heilungszeit können Keime die Wunden besiedeln und sich im schlimmsten Fall im gesamten Organismus ausbreiten. Um diese Infektionen zu vermeiden, müssen die offenen Wunden nach Entfernung des verbrannten Gewebes mit Hautlappen abgedeckt werden. Besitzen die Brandopfer noch genügend unversehrte Hautstellen, transplantieren Ärzte die eigene Haut des Patienten (autogene Transplantation), beispielsweise aus dem Oberschenkel oder der Fußsohle. Dabei wird dem Patienten Vollhaut entnommen: die Epidermis und die vollständige Dermis inklusive Haarfollikeln und Schweißdrüsen.

 

Da die bei der Vollhautentnahme entstandenen Wunden durch Nähen oder Klammern verschlossen werden müssen, können die Mediziner nur relativ kleine Hautstücke herausschneiden. Alternativ kann Spalthaut eingesetzt werden. Diese besteht aus der Epidermis und Anteilen der Dermis. Zur Entnahme schneidet ein Chirurg Hautlappen in unterschiedlicher Dicke mit einem Dermatom, einem speziellen scharfen Messer, heraus. Wie bei einer Schürfwunde bleibt dabei die Basalzellschicht zurück, die Wunde in der Spenderregion heilt spontan ab. Die Spalthautentnahme ermöglicht es, aus einem Spenderareal zwei- bis dreimal mehr Material als bei der Vollhautentnahme zu gewinnen.

 

Ein Vorteil der Spalthauttransplantate ist, dass sie schneller und komplikationsloser als Vollhaut an der vorgesehenen Stelle anwachsen. Nach der Verpflanzung können sich die Haut­stücke jedoch zusammenziehen und schrumpfen. Zudem verfärben sich Spalthauttransplantate später häufig und können daher kosmetisch stören. Vollhauttransplantate dagegen sind optisch unauffälliger und robuster; sie eignen sich besser für sichtbare und mechanisch beanspruchte Körperstellen wie Gesicht und Hände.

 

Mit einer Sonderform eines Spalthauttransplantats, dem Meshgraft-Transplantat, lassen sich auch besonders große Oberflächenwunden abdecken. Eine Maschine schneidet die Spalthautlappen dazu so ein, dass ein gleichmäßiges Gitternetz entsteht. Die Transplantate lassen sich anschließend wie ein Maschendraht auseinanderziehen und können das Drei- bis Sechsfache der Entnahmefläche abdecken.

 

Risiko Nekrose

 

Nicht immer verläuft die Hauttransplantation komplikationslos: Da beide Arten der Übertragung ohne Gefäßanschluss erfolgen, muss das frisch verpflanzte Transplantat bis zur Einsprossung neuer Gefäße einige Tage überleben. Voraussetzung dafür ist, dass im Plasma genügend Sauerstoff und Nährstoffe zur Verfügung stehen. Das Risiko einer Nekrose steigt, je dicker das verpflanzte Hautstück ist und je schlechter das Wundbett durchblutet wird.

 

Auch durch Infektionen oder starke mechanische Belastungen kann das Transplantat vor dem Anwachsen absterben. Als weitere Komplikationen können schmerzhafte Schwellungen, Wundheilungsstörungen und Blutungen auftreten. Da bei der Hauttransplantation auch häufig Nerven zerstört werden, treten zudem vorübergehend Sensibilitätsstörungen an der betroffenen Stelle auf.

 

Haut aus der Retorte

 

Ist die Haut eines Brandopfers so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass nicht mehr genügend Hautstellen zur Transplantation zur Verfügung stehen, können Mediziner zur Infektabwehr die Wunden mit Hautstücken eines Spenders abdecken (allogene Transplanta­tion). Die Ärzte verwenden dafür Vollhauttransplantate eines verstorbenen Patienten. Das Verfahren dient jedoch lediglich zur Überbrückung: Nach zwei bis drei Wochen stößt der Körper die fremden Hautstücke wieder ab.

 

Inzwischen ist es möglich, während dieser Zeit aus kleinen Hautteilen des Patienten im Labor größere Hautstücke zu züchten. Die Gewebezucht, auch Tissue Engineering genannt, ist jedoch ein langwieriger Prozess in mühevoller Handarbeit: Pro Tag entsteht nur circa 1 Quadratzentimeter Haut im Reagenzglas. Bei der Produktion künstlicher Hautschichten zur Transplantation scheiterten Wissenschaftler bislang vor allem an dem komplexen mehrschichtigen Aufbau der Haut. Denn die im Labor produzierte Hautschicht besteht nur aus Zellen der Epidermis, den Keratinozyten, und ist deshalb dünn, empfindlich und wenig stabil. Die künstlichen Epidermistransplantate retten zwar das Leben vieler Brandopfer, in den Jahren nach der Transplantation müssen sich zumindest Kinder jedoch zahlreichen Folgeoperationen unterziehen, weil die Haut nicht mitwächst (lesen Sie dazu auch Verbrennungen bei Kindern: Gefahr aus der Teetasse).

 

Forscher um Professor Dr. Ernst Reichmann von der Tissue Biology Research Unit des Zentrums für brandverletzte Kinder in Zürich versuchen deshalb schon lange, die Haut aus dem Labor zu verbessern. Der Durchbruch gelang ihnen mit der Entwicklung einer Trägermatrix: Diese ermöglicht es, die Zelltypen der verschiedenen Schichten der Haut so zu züchten und zu transplantieren, dass sie dem natürlichen Aufbau sehr nahe kommen. In einer Hydrogel-Matrix auf Kollagenbasis wachsen die Keratinozyten der Epidermis und die für die Unterhaut wichtigen Fibroblasten mit Endothel- und Myoepithelzellen zu einer komplexen Haut zusammen. Nach der Transplantation soll das Hautstück wie ein Vollhauttransplantat komplett in die normale Haut einwachsen.

 

Die Schweizer Forscher hoffen, dass die Transplantation des Hautersatzes zu funktionellen und kosmetisch guten Langzeitresultaten mit keiner oder geringer Narbenbildung führt. In Tierversuchen ist ihnen dies bereits gelungen. Sie planen, im nächsten Jahr erste Patienten im Rahmen klinischer Studien mit der gezüchteten Haut zu behandeln. /

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