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Ekzem

Feuchtattacke auf die Hände

13.12.2011  13:35 Uhr

Von Annette Mende, Berlin / In manchen Berufen gehören raue und rissige Hände fast schon zum Berufsbild. Der Umgang mit reizenden Chemikalien, aber auch der ständige Kontakt mit Wasser setzen der Haut zu. Der einzige Ausweg für Betroffene ist, den auslösenden Stoff zu meiden – wenn sie ihn denn kennen.

Rote, trockene und schuppende Hände mit tiefen Schrunden zwischen den Fingern: Die Bilder, die bei der Pressekonferenz anlässlich der Aktionswoche »Haut und Job« in Berlin gezeigt wurden, waren keine leichte Kost. Mitgebracht hatte sie der Osnabrücker Professor Dr. Swen M. John, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie in der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG). Dem Dermatologen war es ein Anliegen, auf eine der häufigsten berufsbedingten Erkrankungen in Deutschland aufmerksam zu machen: das chronische Handekzem.

»Wir sind keine Fische. Unsere Haut mag nicht permanent eingeweicht sein«, sagte John und verwies damit auf eine der am weitesten verbreiteten beruflichen Belastungen der Hände, den ständigen Kontakt mit Wasser. Häufiges Waschen trocknet die Haut aus, sie beginnt zu spannen, zu brennen und zu jucken. Ein irritatives Kontaktekzem entsteht.

 

Frauen sind häufiger von einem chronischen Handekzem betroffen als Männer. Das liegt aber laut John nicht an ihrer angeblich empfindlicheren Haut, sondern vielmehr daran, dass sie mehr feuchtbelastet sind, etwa durch Tätigkeiten im Haushalt. »Das Handekzem ist also auch ein empfindlicher Gradmesser für das Ausmaß der Emanzipation«, sagte John.

 

Ist die Haut stark gereizt und trocken, büßt sie ihre Barrierefunktion ein und Kontaktallergene können leichter eindringen. Diese sind häufig sogenannte Haptene, also niedermolekulare Substanzen, die erst durch Kopplung an bestimmte Proteine in der obersten Hautschicht zum vollwertigen Antigen werden und eine Immunreaktion auslösen.

 

Viele Berufe betroffen

 

Beim allergischen Kontaktekzem handelt es sich um eine sogenannte Spättypallergie. Sie ist zellvermittelt und führt daher nicht sofort zu Symptomen, sondern diese treten erst mit einiger zeitlicher Verzögerung auf. Anders als bei den sogenannten Soforttypallergien wie dem Heuschnupfen, ist eine Hyposensibilisierung beim allergischen Kontaktekzem nicht möglich. »Der einzige Weg, wie ein Mensch mit Kontaktallergie ekzemfrei bleiben kann, ist, den Kontakt mit dem Allergen zu vermeiden«, sagte Professor Dr. Vera Mahler, Dermatologin an der Universitäts-Hautklinik Erlangen und Mitglied der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe der DDG.

 

Die Liste der betroffenen Berufsgruppen ist lang: Friseure, Bäcker, Floristen, Köche, Bauarbeiter, Kfz-Mechaniker, Zahntechniker und Beschäftigte in Gesundheitsberufen gehören dazu. »In manchen Branchen sind bis zu 20 Prozent der Beschäftigten und bis zu 70 Prozent der Berufsanfänger betroffen«, sagte John. Hieraus den Schluss zu ziehen, dass die Häufigkeit mit der Länge der Berufsausübung abnimmt, ist jedoch falsch. Vielmehr zwingen Handekzeme viele Berufsanfänger dazu, kurz nach Beginn ihrer Ausbildung den Job zu wechseln. Probleme hätten überwiegend Beschäftigte in kleinen und mittelgroßen Betrieben, in denen die Standards des Arbeitsschutzes häufig noch nicht ausreichend seien.

Welche Dermatika bei der Behandlung des Handekzems zum Einsatz kommen, ist abhängig von der Art der Erkrankung. »Je nach Form des Ekzems sind Öl-in-Wasser- oder Wasser-in-Öl-Emulsionen geeignete Grundlagen«, sagte John auf Nachfrage der Pharmazeutischen Zeitung. Eine generelle Empfehlung, die auch Apotheker Betroffenen bei ersten Symptomen geben könnten, sei daher schwierig. Um für Patienten mit Handekzem geeignet zu sein, sollten Pflegeprodukte konservierungs- und duftstofffrei sein. Aber: »Urea pura kann bei manifestem Ekzem brennen, außerdem erhöht Harnstoff die Permeabilität der Haut, sodass Allergene leichter eindringen können. Panthenol kann gelegentlich selbst Allergien auslösen«, umriss der Dermatologe die Probleme zweier gängiger Inhaltsstoffe von Hautpflegeprodukten.

 

Keine Praxisgebühr

 

Ein Tipp, den Apotheker Patienten mit beruflich bedingten Hautproblemen generell geben können, sei der Gang zum Dermatologen. Dort werde im Fall einer berufsbedingten Erkrankung keine Praxisgebühr fällig, da diese von den Trägern der Unfallversicherung übernommen wird. »Und wenn der Hautarzt nur Basiscreme verordnet, ist auch das für den Patienten kostenlos«, sagte John. Denn anders als die Gesetzliche Krankenversicherung bezahlt die Unfallversicherung auch Rezepturen, in denen keine verschreibungspflichtigen Inhaltsstoffe enthalten sind.

 

Veraltete Testkits

 

Damit Patienten mit allergischem Kontaktekzem wissen, welche Substanzen sie meiden müssen, ist bei allen Ekzemen, die sich innerhalb von drei Monaten trotz dermatologischer Therapie nicht bessern, ein Epikutantest indiziert. »In der Praxis haben wir zunehmend das Problem, dass die allergieauslösenden Stoffe nicht mehr in den standardisierten Testkits enthalten sind«, sagte Mahler. Da sich berufliche Expositionsquellen wie Konservierungsmittel in Kühlschmiermitteln, Duftstoffe in Hautschutzprodukten oder Gummiinhaltsstoffe in Schutzhandschuhen im Laufe der Zeit änderten, könnten mittlerweile mehr als 15 Prozent der Kontaktallergien nicht mit den vorhandenen Testblöcken aufgeklärt werden.

 

»Seit der 14. Novelle des Arzneimittelgesetzes gelten in Deutschland für Epikutantest-Substanzen bei Neuzulassung dieselben Auflagen wie für innerlich verabreiche Medikamente«, berichtete Mahler. Die Folge davon sei, dass nahezu keine Neuentwicklungen von Testsubstanzen mehr stattfänden, weil dies für die Hersteller zu aufwendig und zu teuer sei. Aus Mahlers Sicht sind eine Neubewertung der Testallergene und damit verbunden eine Lockerung der bestehenden Zulassungs­kriterien daher dringend erforderlich, um diese wachsende diagnostische Lücke zu schließen. / 

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