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Bundessozialgericht

Apotheker trägt Risiko für Nullretax

03.12.2013  19:05 Uhr

Von Anna Hohle / Krankenkassen dürfen Rezepte auf null retaxieren, wenn Apotheker ein anderes als das im Rabattvertrag vorgesehene Arzneimittel abgeben. Das hatte das Bundessozialgericht (BSG) bereits im Juli entschieden. Nun legte das Gericht die Gründe für sein Urteil vor.

Es ist ein stetes Ärgernis für viele Apotheker: Immer wieder strafen Krankenkassen Verstöße gegen die Substitu­tion im Rahmen von Arzneimittelrabatt­verträgen rigoros ab. Apotheker, die einem Patienten ein anderes Präparat als das von der Kasse festgesetzte Rabattarzneimittel abgeben, müssen dann häufig nicht nur die Differenz zum Preis des Rabattmedikaments selbst bezahlen, sondern bekommen für das abgegebene Präparat überhaupt kein Geld von der Versicherung des Patienten.

 

Im Juli hatte das BSG in einem Grundsatzurteil entschieden: Diese als Nullretax bezeichnete Praxis ist den Kassen erlaubt. Hintergrund war ein Musterprozess zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und verschiedenen Ersatzkassen. Es ging darin um einen Streitfall zwischen einem Apotheker und der Techniker Krankenkasse (TK). 

 

Der Pharmazeut hatte einem Patienten im Jahr 2007 das vom Arzt verordnete Medikament Ranitidin 300 des Herstellers 1 A Pharma abgegeben. Die TK hatte zu diesem Zeitpunkt jedoch einen Rabattvertrag über das wirkstoffgleiche Präparat eines anderen Herstellers geschlossen. Da der Apotheker das Präparat nicht ausgetauscht hatte, weigerte sich die Kasse, die Kosten für das Medikament zu übernehmen.


Gegen Pflicht verstoßen

 

Zu Recht, wie das BSG entschied. In seiner Urteilsbegründung argumentiert das Gericht nun, Apotheker seien laut Sozialgesetzbuch (SGB) V verpflichtet, dem Substitutionsgebot zu folgen. Der Pharmazeut habe gegen dieses Gebot und damit gegen seine Leistungspflicht verstoßen. Wann immer ein Apotheker so handele, sei dies »sein Risiko«, erklärten die Richter. »Die Krankenkasse muss für nicht veranlasste, pflichtwidrige Arzneimittelabgaben nichts zahlen.«

 

Und nichts heiße in diesem Fall eben absolut nichts. Ein Verstoß gegen das Substitutionsgebot schließe grundsätzlich jegliche Vergütung für das fälschlich abgegebene Präparat aus, so das Gericht. Die Richter konnten auch keinen Fall von »ungerechtfertigter Bereicherung« erkennen. Eine solche liegt laut Bürgerlichem Gesetzbuch vor, wenn jemand durch die Leistung eines anderen einen (finanziellen) Vorteil erlangt, ohne dass hierfür eine gesetzliche Grundlage existiert. In solchen Fällen muss der Profiteur die Leistung rückerstatten.

 

Diese Regelung könne im vorliegenden Fall jedoch nicht zum Tragen kommen, erklärten die Richter am BSG. Schließlich würde ansonsten der Zweck des Substitutionsgebots – die Kostenersparnis in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – unterlaufen. Die Sicherung der finanziellen Stabilität in der GKV sei jedoch »ein Gemeinwohlbelang von überragender Bedeutung«, so die Richter. Und das Gebot, Rabattarzneimittel auszuhändigen, könne nun einmal nur dann effizient funktionieren, wenn es zugleich strikt verboten sei, stattdessen nicht rabattierte Medikamente abzugeben. Es sei also zulässig, dass das Gesetz die strikte Einhaltung des Substitutionsgebots fordert und einen Vergütungsanspruch vollständig ausschließt.

 

Zudem sei die damit verbundene Belastung für Apotheker zwar spürbar, aber nur gering, so das Gericht. Medikamente zu substituieren, entspreche »den von ihnen zu fordernden und zu erwartenden professionellen Fähigkeiten«. Auch sei es rechtens, dass eine Krankenkasse bereits erstattete Beträge im Nachhinein mit anderen Leistungen verrechnet, wenn sich herausstellt, dass Medikamente entgegen des Substi­tutionsgebots abgegeben wurden.

 

Der DAV erwägt nun, gegen das BSG-Urteil vorzugehen. Der Verband werde die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde prüfen, sagte ein DAV-Sprecher. »Fällt die Prüfung positiv aus, wird der DAV Verfassungsbeschwerde einlegen.« /

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