Gemeinsamer Senat startet Verfahren |
07.12.2010 13:09 Uhr |
Von Siegfried Löffler, Karlsruhe / Das Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Frage, ob die Arzneimittelpreisverordnung auch für den Versand aus dem Ausland gilt, kommt in Gang. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe und das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel wurden aufgefordert, bis zum 10. Januar mitzuteilen, ob sie an ihrer bisherigen Rechtsprechung festhalten.
Der für das Wettbewerbsrecht zuständige Erste Zivilsenat des BGH hat am 9. September in sechs Verfahren zu Zulässigkeit von Bonussystemen bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel die Entscheidungen verkündet. In den fünf Fällen zu deutschen Apotheken waren die Urteile unstrittig. Im Rechtsstreit I ZR 72/08 stellte sich allerdings die Frage, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gilt. Eine in den Niederlanden ansässige Versandapotheke hatte Medikamente für den deutschen Markt angeboten und mit einem Bonussystem geworben, nach dem der Kunde beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente auf Kassenrezept einen Bonus von 3 Prozent des Warenwerts, mindestens aber 2,50 Euro und höchstens 15 Euro pro verordnete Packung erhalten sollte.
Der Erste Senat des BGH möchte die Frage bejahen, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für ausländische Apotheken gilt, wenn diese Arzneimittel nach Deutschland senden. Es sieht sich hieran aber durch das Urteil des Ersten Senats des BSG B 1 KR 4/08 vom 28. 7. 2008 gehindert, der in anderem Zusammenhang entschied, das deutsche Arzneimittelpreisrecht gelte für solche Arzneimittel nicht. Der BGH legte deshalb die Frage dem Gemeinsamen Senat zur Entscheidung vor.
Für die fünf obersten Gerichte des Bundes gilt, dass bei Meinungsverschiedenheiten der einzelnen Senate zu einer Rechtsfrage der jeweilige Große Senat des Gerichts angerufen werden muss. Vertritt einer der fünf Gerichtshöfe in der gleichen Rechtsfrage eine andere Ansicht als ein anderer Gerichtshof, muss im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung der noch seltener tagende Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes angerufen werden. Das vorlegende Gericht ist an die Entscheidung des Gemeinsamen Senats gebunden. Ihm liegt nunmehr unter dem Aktenzeichen GmS–OGB 1/10 der Fall zur Auslegung der Arzneimittelpreisvorschriften vor. Dem Gemeinsamen Senat gehören kraft Amtes die Präsidenten des Bundesgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesarbeitsgerichts, des Bundessozialgerichts und des Bundesfinanzhofs an. Hinzu kommen je zwei weitere Richter der beiden Gerichte, die unterschiedlicher Meinung sind. Der Gemeinsame Senat berät unter dem Vorsitz des lebensältesten Präsidenten. Das ist gegenwärtig der Präsident des Bundesfinanzhofs in München, Dr. Wolfgang Spindler.
Vom BSG nimmt Präsident Peter Masuch teil, er ist zugleich Vorsitzender des für das Krankenversicherungsrecht zuständigen Ersten Senats. Ihm assistiert sein Stellvertreter im Senat, Dr. Hans-Jürgen Kretschmer, und ein weiteres Senatsmitglied. Vom BGH, dessen Erster Zivilsenat die Rechtsfrage dem Gemeinsamen Senat zur Entscheidung vorlegte, werden Gerichtspräsident Professor Dr. Klaus Tolksdorf sowie zwei weitere Richter an der Entscheidung mitwirken. Wenn alle Beteiligten ihr Votum abgegeben haben, wird ein Verhandlungstermin festgelegt. Es spricht gegenwärtig vieles dafür, dass die Entscheidung in der zweiten Instanz verkündet wird. /