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Fremdbesitz

Deutsche Regelung hat gute Chancen beim EuGH

03.12.2007  11:56 Uhr

Fremdbesitz

<typohead type="3">Deutsche Regelung hat gute Chancen beim EuGH

Von Daniela Biermann, Frankfurt am Main

 

Der Apotheker als freier Heilberufler, unabhängig von Gewinninteressen großer Konzerne, übernimmt eine wichtige Rolle in der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Die Aufhebung des Fremdbesitzverbots würde diese Funktion aushebeln, sind sich Rechtsexperten einig.

 

»Keiner kann mit Sicherheit sagen, ob der Fremdbesitz kommt oder nicht«, sagte ABDA-Geschäftsführer Lutz Tisch auf dem Deutschen Apothekenrecht-Tag in Frankfurt am Main. Er vertraue jedoch darauf, dass die Berufspolitik am Ende erfolgreich sei. Das Fremdbesitzverbot bietet den Rahmen für den Apotheker als freien Heilberufler. »Die Arzneimittelversorgung ist eine staatliche Aufgabe, die der Staat an die freien Berufe beliehen hat«, sagte Rechtsanwalt Tisch. In dieser Funktion ist der Apotheker unabhängig, eigenverantwortlich tätig und dem Gemeinwohl verpflichtet. Wegen ihrer vom Staat übertragenen Aufgaben seien die freien Berufe nicht wirklich »frei«, sondern hoch reglementiert. Sie stünden im Konflikt zwischen staatlichen und gewerblichen Interessen. »Zahlreiche Regelungen wie das Apothekengesetz und die Apothekenbetriebsordnung zügeln diese Interessen«, erläuterte Tisch. Beispielsweise rechne sich der nächtliche Notdienst in einer ländlichen Gegend betriebswirtschaftlich nicht.

 

Die Apothekenbetriebsordnung werde auch als »Bollwerk« gegen den Fremd- und Mehrbesitz bezeichnet. Denn in ihrer gegenwärtigen Form stellt sie hohe Anforderungen an den Betrieb einer Apotheke. Seit 2006 wird an einer Novelle gearbeitet, allerdings liege noch kein Entwurf vor. »Stärkung des Heilberufs oder Demontage der Apotheke?«, fragte Tisch. »Keiner weiß, was kommt.« Die Abschaffung von Mindestgröße, Labor und Rezeptur oder die Vergrößerung des Nebensortiments würden Ketten den Einstieg erleichtern.

 

Auch der Versandhandel vereinfacht es Großinvestoren: Bei geringstem Kapitaleinsatz, ohne pharmazeutischen Personalbedarf und handhabbarem Raumbedarf fürchtet Tisch eine Invasion ausländischen Kapitals. In diesem zweigleisigen System könnten Konzerne im Gegensatz zu inhabergeführten Apotheken höhere Margen erzielen. Darauf könnte die Politik mit einer Höchstpreisverordnung reagieren. »Das wiederum würde dem ganzen System die Basis entziehen«, warnte Tisch. »Unser Rezept: Das Fremdbesitzverbot verteidigen, den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten verbieten und die Apothekenbetriebsordnung qualitätsorientiert weiterentwickeln.«

 

Gute Gründe für Fremdbesitzverbot

 

»Das Fremdbesitzverbot hat keine deutsche Alleinstellung«, sagte Professor Dr. Elmar Mand, Philipps-Universität Marburg. »In 15 von 27 EU-Mitgliedsstaaten bestehen Fremdbesitzverbote. In 17 Ländern gibt es Niederlassungsbeschränkungen.« Ziel dieser Regelungen ist der Gesundheitsschutz. So soll die Versorgung gesichert werden. Die Kontrollfunktion des unabhängigen Apothekers soll Fehl- und Mehrgebrauch von Medikamenten verhinern. Nebenwirkungen und Qualitätsmängel müssen gemeldet werden. Weiterhin ermöglicht diese Funktion die Auswahl geeigneter und günstiger Arzneimittel. Das trägt zum Schutz der Funktionsfähigkeit und finanziellen Stabilität der sozialen Sicherungssysteme bei. Eine Aufhebung des Fremdbesitzverbots würde weitreichende Änderungen in der Organisationsstruktur der nationalen Gesundheitssysteme bewirken. Dies spreche gegen die Aufhebung des Verbots durch den EuGH, so Mand.

 

Im Vorlageverfahren um die fremdbetriebene DocMorris-Apotheke in Saarbrücken liegen dem EuGH nun die Stellungnahmen aller Mitgliedsstaaten vor. Nur Polen sieht das Fremdbesitzverbot als gemeinschaftswidrig an. »Die Bundesrepublik dagegen begründet dezidiert und fundiert, wie das Fremdbesitzverbot mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist«, sagte Mand. Generell erkläre der EuGH nur selten nationale Regelungen mit Grundfreiheiten wie der Dienstleistungsfreiheit für unvereinbar, wenn diese wie das Fremdbesitzverbot bei den meisten Mitgliedsstasten gelten.

 

Gegen den Erhalt des Fremdbesitzverbots sprechen nach Mands Meinung das undifferenzierte EuGH-Urteil im Fall der griechischen Optiker. Auch durch Ausnahmen und Einschränkungen in bestehenden Gesetzen wie zum Beispiel der Verpachtung durch Erben nach Tod des Apothekers werde das Leitbild des Apothekers in seiner Apotheke ausgehöhlt. Außerdem gelten Standesrecht und der Berufsethik bei vielen Menschen heute nicht mehr als zeitgemäß.

 

»Die Argumente sprechen überwiegend dafür, dass es zu keiner absoluten Aufhebung des Fremdbesitzverbots kommt«, so Mands Einschätzung. »Allerdings wird der EuGH einen Kompromiss suchen. Auch wenn es wenig überzeugend ist, könnte zum Beispiel der Verkauf nicht rezeptpflichtiger Medikamente frei gegeben werden.« Daher sei aus deutscher Sicht besonders das Verfahren der EU-Kommission gegen Italien interessant.

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