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Wettbewerb

»Mehrbesitzverbot ist suboptimal«

29.11.2011  18:08 Uhr

Von Werner Kurzlechner, Berlin / Die Etablierung von mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen erfordert bekanntlich einen Spagat, weil flächendeckend Qualitätsversorgung garantiert werden muss. Auf Einladung der AOK forderten Politiker, Kassen und Wissenschaftler dennoch mehr Mut – und nahmen auch das Mehrbesitzverbot für Apotheken ins Visier.

Nein, Wettbewerb ist derzeit bestimmt kein hippes Modethema. Mit dieser Feststellung lag Professor Dr. Wolfgang Greiner von der Universität Bielefeld bei einer Diskussionsrunde des Bundesverbandes der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) in Berlin sicher richtig. »Der Zeitgeist hat sich gewandelt«, sagte der Gesundheitsökonom mit Verweis auf die Leipziger Parteitage der CDU: jenen von 2003, als die Republik in Sorge über eine bevorstehende neoliberale Revolution geriet, und den aktuellen, der eher Spott wegen einer »Sozialdemokratisierung« der Union provozierte.

 

Ökonomischer Nutzen des Konkurrenzkampfs

 

Greiner schickte also seinen Ausführungen über Wettbewerb im Gesundheitswesen einige grundsätzliche Bemerkungen zum ökonomischen Nutzen des Konkurrenzkampfes voraus. Weil aber im Gesundheitswesen Werte wie eine flächendeckende Versorgung und deren hohe Qualität gesichert sein müssen, gab Greiner als Ziel in diesem Feld eine »solidarische Wettbewerbsordnung« aus. Für einen Ökonomen nicht überraschend, sieht Greiner durchaus mehr Räume für ein freies Spiel der Kräfte als derzeit vorhanden. »Die Apotheken sind ein gutes Beispiel«, sagte der Wirtschaftswissenschaftler. Zwar seien die regulatorischen Eingriffe in diesem Bereich meist sinnvoll, gestand Greiner zu, ehe er zur Kritik am Mehrbesitzverbot ansetzte.

Weil das Mitglied des Sachverständigen­rates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen aber nicht zu den blindwütigen Marktapologeten zählt, darf man dies nicht als Plädoyer für pharmazeutische Großketten missdeuten. Greiner bemängelte aber, dass der maximal erlaubte Betrieb von vier Apotheken volkswirtschaftlich betrachtet suboptimal sei. Ein paar Filialen mehr wären demnach nötig, um Effizienzvorteile bei Kapitaleinsatz und Synergien im Management zu erzielen. Allgemein sei die Etablierung von mehr Wettbewerb im Gesundheitssystem »ein dickes Brett«, so Greiner.

 

Sein Kollege von der Universität Duisburg-Essen, Professor Dr. Jürgen Wasem, schickte voraus, er würde »fast alles unterschreiben«, was Greiner ausgeführt hatte. Wasem deklinierte dann eine Liste von zehn Voraussetzungen für einen funktionierenden Wettbewerb durch und schätzte ein, ob die Ampel hierzulande auf Rot, Gelb oder Grün stehe. Echten Nachholbedarf sieht der Gesundheitsökonom vor allem bei der Vertragsfreiheit für einzelne Kassen und Leistungserbringer. Wasem sprach sich deutlich für mehr Mut zu Selektivverträgen aus. »Wenn sich jeder jederzeit bequem in den Kollektivvertrag zurückfallen lassen kann, läuft Vertragswettbewerb zwangsläufig teilweise leer«, sagte der Experte.

 

Spahn wünscht sich Münsterlandtarife

 

Kontroverser beharkten sich Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, und Jürgen Graalmann, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. Spahn forderte nachdrücklich stärkere wettbewerbliche Aktivitäten der Kassen. Er wünsche sich seit Langem mehr inhaltliche und regionale Differenzierung – etwa Diabetiker- oder Münsterlandtarife. In Richtung des Gastgebers sagte Spahn, es müsse auch einen echten Wettbewerb der AOKen unterei­nander geben.

 

Graalmann forderte seinerseits mehr Freiheiten, um selbst Wettbewerb zu stimulieren. Im Großraum Frankfurt am Main gebe es beispielsweise 30 Krankenhäuser, die Knieendoprothesen implantieren. Die Misserfolgsquote schwanke drastisch zwischen 5 und 35 Prozent. »Mit den schlechten Krankenhäusern würden wir am liebsten einfach keine Verträge machen«, so Graalmann.

 

Der AOK-Chef stellte indes klar, dass man durchaus auf die ärztlichen Einweisungen einwirke. In einem anderen Punkt gab sich der Politiker Spahn selbstkritisch. Mit dem Morbi-RSA in seiner jetzigen Form sei er völlig zufrieden, ein Herumdoktern werde es an dieser Stelle nicht geben. Vor einigen Jahren habe er das selbst nicht für möglich gehalten. Aber damals tickte ja auch die ganze CDU noch anders. / 

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