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Science Center

Medizintechnik zum Mitmachen

24.11.2009  17:40 Uhr

Von Martina Janning, Berlin / Bei einer Behinderung nicht wegzuschauen, sondern genauer hinzugucken – das lernen Besucher im Science Center Medizintechnik in Berlin. Spielerisch holt die Präsentation physische Handicaps aus der Tabuzone und führt in die faszinierenden Welten des menschlichen Körpers und von medizinischen Hightech-Hilfsmitteln ein.

Die Frau zuckt zusammen. »Nein, Eric, nein!«, schreit sie. »Du kippst!« Zu spät. Eric schafft es nicht auf die Rampe. Sein Rollstuhl gerät ins Wanken und stürzt zur Seite. Eric liegt auf der Straße. Mitten in Berlin, auf dem Pariser Platz, gleich hinterm Brandenburger Tor.

 

Er schaut hilflos. Ist erstaunt. So schnell geht das also? Dann berappelt Eric sich. Er dreht am linken Rollstuhlrad und schon steht das Gefährt wieder. Toll, wenn das Leben von Rollstuhlfahrern so einfach wäre.

 

Aber das hier ist nicht der Alltag. Das hier ist ein virtueller Rollstuhl-Parcour im Science Center Medizintechnik in Berlin. Eric und die besorgte Frau sind Besucher. Er ist Schüler, sie seine Lehrerin.

 

Würfel mit Wellenfassade

 

Obschon das Science Center Medizintechnik erst vor wenigen Monaten, im Juni 2009 eröffnete, kommen bereits reichlich Schulklassen, aber auch andere Gäste hierher. Viele lockt das imposante Gebäude an: ein weißer Würfel mit einer Wellenfassade, die der Struktur von Muskelfasern nachempfunden ist. Erst im Haus selbst begreifen die meisten Gäste, worum es geht. Und zwar auch im Wortsinn. Denn das Science Center bietet Medizintechnik zum Anfassen und Ausprobieren.

Auf drei Stockwerken mit insgesamt 450 Quadratmetern erfahren Besucher auf spielerische Art, wie komplex scheinbar einfache Bewegungsabläufe wie Gehen oder Greifen sind. Sie können erleben, wie Prothesen, Orthesen oder Rollstühle funktionieren und bekommen eine Ahnung davon, wie sich Menschen mit körperlichen Handicaps fühlen, die auf solche Hilfsmittel angewiesen sind.

 

Wie ist es, im Rollstuhl zu sitzen und selten auf Augenhöhe mit seinen Mitmenschen zu sein? Die meisten Leute finden es schon unangenehm, wenn jemand ihnen ausnahmsweise mal über die Schulter schaut. »Beim virtuellen Parcours über den Pariser Platz stellen sich aber oft Gäste hinter den Rollstuhl und wollen durch Schieben helfen«, erzählt eine Führerin im Science Center Medizintechnik. »Offenbar lösen Rollstühle bei vielen Menschen eine Art Beschützerinstinkt aus.« Solche versteckten Denkmuster kann ein Besuch im Science Center Medizintechnik bewusst machen. Doch der Erfinder und Erbauer Hans Georg Näder will noch mehr bewirken.

 

Das Ziel des geschäftsführenden Gesellschafters der Firmengruppe Otto Bock ist es, Behinderung aus der Tabuzone zu holen. Deshalb engagiert sich sein Unternehmen ebenso wie die ABDA –Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände im Behindertensport und als Partner sowie Sponsor bei den Paralympics.

 

Prothese als »Technodoping«

 

»Für die Anwender bedeuten unsere Hilfsmittel Unabhängigkeit im Alltag und Integration in die Gesellschaft«, sagt Näder. Dank moderner Prothesen können auch Menschen mit einem amputierten Bein Inlineskaten, begeistert ihrem Tanzhobby nachgehen oder sogar Leistungssport betreiben. Im Einzelfall sogar so gut, dass die Prothese als »Technodoping« eingestuft wird. Das ist dem südafrikanischen Läufer Oscar Pistorius passiert. Er durfte bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking nicht starten, weil ihm seine Beinprothese einen Wettbewerbsvorteil verschafft.

 

Laut einem Gutachten gibt die Prothese dem Läufer deutlich mehr Energie zurück als der menschliche Fuß, was zu einem mechanischen Vorteil von rund 25 Prozent führt.

 

Dass das Science Center den Namen Otto Bock über die Fachwelt hinaus bekannt macht, ist ein gewünschter Nebeneffekt der Medtech-Präsentation. Immerhin sollen an dem Standort zwischen Potsdamer Platz und Reichstag täglich mehr als 35 000 Menschen vorbeigehen. Für sein Engagement dort hat das Unternehmen tief in die Tasche gegriffen – nach Näders Angaben haben Grundstück und Gebäude rund 20 Millionen Euro gekostet.

 

Inlineskaten mit dem C-Leg

 

Sein Geld verdient Otto Bock vor allem mit Prothesen. In diesem Segment ist die Firma Weltmarktführer. Otto Bock wurde vor 90 Jahren in Berlin gegründet, heute ist der Stammsitz im niedersächsischen Duderstadt. Firmenchef Hans Georg Näder ist der Enkel des Gründers. Weitere Geschäftsfelder sind die Orthetik, Rollstühle und die Neurostimulation. Das bekannteste Produkt ist die Beinprothese ­C-Leg, ein mit Mikroprozessoren gesteuertes System. Damit können Beinamputierte mühelos unterschiedlich schnell gehen, Treppen hinabsteigen, Fahrrad fahren und Inlineskaten. Das Neuste ist die erste gedankengesteuerte Armprothese. Den Prototyp hat Christian Kandlbaur kürzlich im Science Center für Medizintechnik präsentiert. Dem Österreicher, der im Jahr 2005 durch einen Starkstromunfall beide Arme verlor, bringen die Hightech-Helfer ein Stück normales Leben zurück. Im Oktober bestand er damit sogar seine Führerscheinprüfung. /

Adresse: Ebertstraße 15a, 10117 Berlin-Mitte

Öffnungszeiten: Donnerstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Dienstag und Mittwoch nur für angemeldete Gruppen

Eintritt: frei

Kontakt: Telefon 030 3982060, E-Mail: info(at)sciencecenter-edizintechnik.de

Weitere Informationen unter www.sciencecenter-medizintechnik.de

 

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