Heftige Kritik an Sortimentsverträgen |
20.11.2007 15:16 Uhr |
<typohead type="3">Heftige Kritik an Sortimentsverträgen
Von Uta Grossmann, Berlin
Die pharmazeutische Industrie ist, wie alle anderen Akteure im Gesundheitswesen unzufrieden mit den Rabattverträgen. Sie machten das Gesundheitssystem nicht zukunftssicher und trieben kleine Unternehmen in den Ruin, kritisierte der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) in Berlin.
Der Wert eines Arzneimittels orientiere sich in der politischen Diskussion fast nur noch am Preisetikett, kritisierte Dr. Bernd Wegener, Vorsitzender des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Er sprach sich anlässlich des zehnten BPI-Unternehmertages vorige Woche in Berlin dafür aus, den Wert der Arzneimittel für die Lebensqualität und die Gesellschaft breiter zu diskutieren.
Wegener forderte klare Worte von der Politik, welche medizinischen Leistungen angesichts der altersbedingten Verschiebungen und des medizinischen Fortschritts zukünftig noch von der Solidargemeinschaft bezahlt werden können und welche nicht. Der Markt der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sei intransparent und planungsunsicher geworden, monierte Wegener. Die Rabattverträge zwischen Krankenkassen und pharmazeutischer Industrie sind nach Auffassung des BPI nicht geeignet, um das Gesundheitswesen zukunftssicher zu machen. BPI-Vorsitzender Wegener wies darauf hin, dass bei einigen großen Krankenkassen jede zweite Packung im generikafähigen Markt durch einen Vertrag geregelt sei.
Mittelständische Generika-Hersteller haben nur kurzfristig von den Rabattverträgen profitiert. Inzwischen hat sich der Anteil der Rabatt-Medikamente bei den generischen Großunternehmen nach BPI-Angaben von fünf Prozent im April auf 49 Prozent im September erhöht. Maßgeblich für die Verschiebung seien Sortimentsverträge, die größere Unternehmen mit Ersatzkassen abgeschlossen haben. Der BPI hält diese Verträge für rechtswidrig, weil sie andere Wettbewerber ausschlössen.
Wegener befürchtet, Sortimentsverträge würden im generischen Markt ein Oligopol schaffen. Im harten Preiswettbewerb könnten kleine und mittlere Unternehmen nicht mit den Großen mithalten. »Zuschläge zu den Rabattverträgen entscheiden über Unternehmensexistenzen«, warnte Wegener. »Weil die Margen sinken, fehlt die notwendige Kapitaldecke, um Verbesserungen und Weiterentwicklungen von Arzneimitteln voranzutreiben.«
Für einen fairen Wettbewerb müsse das Kartell- und Vergaberecht uneingeschränkt angewendet werden, forderte Wegener. Auf Initiative von BPI-Unternehmen hatte die EU-Kommission gegen die Bundesrepublik ein Vertragsverletzungsverfahren wegen eines möglichen Verstoßes gegen EU-Vergaberecht angestrengt.
Im BPI sind über 260 Unternehmen mit insgesamt 72.000 Mitarbeitern vertreten. Dazu gehören klassische Pharma-Unternehmen, Unternehmen der Biotechnologie, der pflanzlichen Arzneimittel, der Homöopathie/Anthroposophie und Pharma-Dienstleister.