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NRF-Monografie

Chemische Stabilität von Oseltamivir-Lösung

19.11.2007  16:13 Uhr

NRF-Monografie

<typohead type="3">Chemische Stabilität von Oseltamivir-Lösung

Von Karsten Albert

 

Wird die Oseltamivir-Lösung NRF 31.2. im Influenza-Pandemiefall in großen Mengen auf Vorrat hergestellt, sind die ermittelten Laufzeiten zu beachten. Wird zur Herstellung anstelle Gereinigten Wassers Trinkwasser verwendet, verringert sich die Stabilität. Wie das zu vermeiden ist, erklärt der folgende Artikel.

 

Im Verlauf der jährlichen Grippewelle erkranken etwa 5 Prozent aller Menschen an Influenza. Es wird befürchtet, dass in den nächsten Jahren aufgrund der extremen Wandlungsfähigkeit der Influenzaviren ein Virus auftritt, gegen das der Mensch keine Abwehrstoffe hat. Wird ein solches Virus von Mensch zu Mensch übertragen, könnte es sich aufgrund der heutigen schnellen Verkehrsverbindungen innerhalb kurzer Zeit über den gesamten Erdball verbreiten. Dann entstünde eine weltweite Epidemie, auch Pandemie genannt, mit erheblichen Auswirkungen auf die öffentliche Ordnung und das Sozial- und Wirtschaftsleben (1). Für eine solche Großschadenslage sieht der Nationale Pandemieplan des Robert-Koch-Instituts zahlreiche Maßnahmen zum Infektionsschutz und zur Seuchenbekämpfung vor (2).

 

Im Rahmen dieses Plans spielen die Apotheken für die Versorgung der Bevölkerung mit antiviralen Arzneimitteln eine wichtige Rolle. Die Bundesländer haben in enger Abstimmung mit den jeweiligen Apothekerkammern Pläne entwickelt, wie im Falle der amtlich festgestellten Pandemie den Bürgern das Virustatikum Oseltamivir in großen Mengen zur Verfügung gestellt werden kann. Besondere Bedeutung kommt dabei der Oseltamivir-Lösung 15 mg/ml für Erwachsene oder für Kinder zu, deren Herstellung im Neuen Rezeptur-Formularium ausführlich beschrieben ist (NRF 31.2.) (3).

 

Ein entscheidendes Kriterium für die Qualität der in Apotheken herzustellenden Oseltamivir-Lösung NRF 31.2. ist unter anderem die chemische Stabilität, über die Albert und Bockshorn vor Kurzem in der »Pharmazie« berichtet haben (4). Oseltamivir wird aufgrund seiner reaktiven Acetylamino-, Ethylester- und primären Aminogruppe in wässriger Lösung zu drei Zersetzungsprodukten abgebaut. So hydrolysiert der Ethylester des Prodrugs Oseltamivir zur eigentlichen Wirkform Oseltamivircarboxylat. Beide Moleküle unterliegen jeweils zudem einer N,N-Acyl-Umlagerung, in deren Verlauf die Isomere I und II entstehen.

 

Höchstens 0,5 Prozent Isomer I

 

Der Gehalt der genannten Verbindungen und des Konservierungsmittels Natriumbenzoat wurde mit einem stabilitätsspezifischen HPLC-Analysenverfahren während einer Lagerungszeit von drei Monaten verfolgt. Natriumbenzoat war mit Gehalten zwischen 100,3 und 101,1 Prozent in diesem Zeitraum stabil. In der Oseltamivir-Lösung NRF 31.2. wird der Wirkstoff zum Oseltamivircarboxylat und zum Isomer I abgebaut, das Isomer II wurde nicht nachgewiesen. Um die Qualität der Lösung richtig beurteilen zu können, ist folgende Information wichtig: Für die Laufzeit der Lösung ist nicht der Gehalt des Wirkstoffs Oseltamivir maßgebend, sondern aus toxikologischen Gründen der Höchstgehalt von 0,5 Prozent Isomer I. Dieser Grenzwert wird bei Raumtemperaturlagerung nach sechs Wochen erreicht. Die Aufbewahrung im Kühlschrank verlangsamt die N,N-Acyl-Umlagerung erheblich, und die Lösung ist mindestens drei Monate lang stabil. Zu diesem Zeitpunkt wurde ein Gehalt von nur 0,07 Prozent Isomer I gemessen.

 

Im Notfall auch mit Trinkwasser

 

Im Pandemiefall sind durchaus krisenhafte Ausnahmesituationen denkbar, in denen nicht mehr ausreichend Gereinigtes Wasser zur Herstellung großer Mengen an Oseltamivir-Lösung NRF 31.2. zur Verfügung steht. Aus diesem Grund wurde zudem untersucht, wie stabil die Lösung bei der Verwendung von Trinkwasser anstelle des vorgeschriebenen Gereinigten Wassers ist. Wird die Lösung mit Trinkwasser aus dem Leitungsnetz der Stadt Eschborn (pH 7,3, 20,5 °dH) bereitet, erhöht sich der pH-Wert von 5,1 auf 5,6, und die Zersetzung beschleunigt sich. Der Grenzwert für Isomer I wird bei Raumtemperatur schon nach zwei Wochen erreicht, gleichzeitig bildet sich ein feiner, weißer Niederschlag aus hauptsächlich Calcium- und wenig Magnesiumphosphat. Durch den Zusatz von 0,1 Prozent Wasserfreier Citronensäure wird der pH-Wert der Trinkwasser-haltigen Zubereitung auf pH 4,2 gesenkt und die Lösung stabilisiert. Die Haltbarkeit beträgt neun Wochen (4), Ausfällungen wurden nicht beobachtet. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die »Oseltamivir-Lösung 15 mg/ml für Erwachsene oder für Kinder« (NRF 31.2.) während des üblichen Anwendungszeitraums von fünf Tagen stabil ist. Wird die Lösung im Pandemiefall in großen Mengen auf Vorrat hergestellt, sind die ermittelten Laufzeiten zu beachten.

Literatur

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Hessisches Sozialministerium, Pandemieplan des Landes Hessen, Stand: Februar 2007, www.sozialministerium.hessen.de.

Robert-Koch-Institut, Nationaler Pandemieplan, Stand: Mai 2007, www.rki.de.

Neues Rezeptur-Formularium, Monografie »Oseltamivir-Lösung 15 mg/ml für Erwachsene oder Oseltamivir-Lösung 15 mg/ml für Kinder (NRF 31.2.), Govi-Verlag, Eschborn, 2006.

Albert, K. und J. Bockshorn, Chemical stability of oseltamivir in oral solutions, Pharmazie 62 (2007) 678-681.

 

Anschrift des Verfassers:

Dr. Karsten Albert

Deutscher Arzneimittel-Codex

Carl-Mannich-Straße 20

65760 Eschborn

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