Hintergrundwissen für den Patienten |
12.11.2013 17:54 Uhr |
»Spezifische Aufgabe des Apotheker ist auch die detaillierte Aufklärung und Information des Patienten über sein Krankheitsbild«, betonte Anne Pauly, Erlangen, in ihrem Seminar. Sinnvoll sei es, dem Patienten ausführlich grundlegende Mechanismen der Krankheitsentstehung und der Arzneimittelwirkung aufzuzeigen.
Am Beispiel Depression zeigte Pauly Informationen auf, die als Hintergrundwissen für den Patienten wichtig sind. »Depressive Patienten sollten über die Funktion der Synapsen aufgeklärt werden, die als Kontaktstellen zwischen den Nervenbahnen liegen und der Erregungsübertragung durch Freisetzung chemischer Botenstoffe wie Adrenalin, Noradrenalin, Acetylcholin, Dopamin oder Serotonin dienen«, so die Apothekerin. Die Patienten sollte wissen, dass als Ursachen für Depressionen zum einen ein Mangel an Botenstoffen im synaptischen Spalt, zum anderen eine reduzierte Sensibilität der Rezeptoren der empfangenden Nervenbahnen diskutiert werden.
Der beratende Apotheker sollte erklären, dass die Dysbalance von Neurotransmittern wie Serotonin und Noradrenalin im synaptischen Spalt zu einer veränderten Protein- und Rezeptorsynthese und somit zu plastischen Veränderungen des Gehirns führt. Diese sei mit modernen bildgebenden Verfahren wie der Magnetresonanzspektroskopie tatsächlich auch nachweisbar. Weiter sollte dem Patienten vermittelt werden, dass die heute zur Verfügung stehenden Antidepressiva auf das Neurotransmittersystem einwirken, indem sie die Konzentration spezifischer Botenstoffe im synaptischen Spalt durch Hemmung ihres Abbaus oder ihrer Wiederaufnahme erhöhen.
Als Folge der pharmakologischen Intervention komme es zu Veränderungen der Rezeptorendichte. Auch die durch Gabe von Antidepressiva bewirkte Stärkung der Neuronenkommunikation und die Veränderung von Hirnstrukturen infolge der Bildung neuer Synapsen seien durch bildgebende Verfahren nachweisbar. Detailliert schilderte die Referentin im weiteren Verlauf ihrer Ausführungen Wirkungen und Nebenwirkungen der bei Depressionen zum Einsatz kommenden Arzneistoffe.
»Patienten muss im Beratungsgespräch vermittelt werden, dass sie mit einem verzögerten Wirkungseintritt von zwei bis vier Wochen rechnen müssen«, sagte Pauly. Sie müssten zudem darüber informiert sein, dass viele Nebenwirkungen sofort auftreten, sich dann aber meistens zurückbilden. Wichtig für die Patienten sei auch die Information, dass die Anwendung der Arzneimittel für mindestens sechs bis zwölf Monate nach Besserung angezeigt ist.
Zu Beginn der Therapie könne ein langsames Aufdosieren unumgänglich sein. Bei Antidepressiva, die Schlafstörungen induzieren, könne die morgendliche Einnahme, bei sedierenden Antidepressiva die abendliche Einnahme angezeigt sein. Als Möglichkeit für Patienten mit leichten depressiven Störungen, die starke Vorbehalten gegenüber synthetischen Psychopharmaka haben, zeigte Pauly Johanniskraut auf. Dieses habe allerdings ein »deutliches, wenn auch nicht zu dramatisierendes Interaktionspotenzial«. Interaktionspartner sind unter anderem HIV-Protease-Hemmer, Benzodiazepine, Digoxine, Immunsuppressiva und Tyrosinkinaseinhibitoren. /