Hersteller fordern Einsicht in Akten |
13.11.2012 18:17 Uhr |
Von Stephanie Schersch, Berlin / Angesichts wachsender Überschüsse in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) setzen sich die Arzneimittelhersteller verstärkt gegen erhöhte Zwangsabschläge auf Medikamente zur Wehr. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) fordert nun Einsicht in Unterlagen des Bundesministeriums für Gesundheit.
Seit August 2010 müssen Hersteller den Krankenkassen im Rahmen des Arzneimittel-Sparpakets einen Rabatt von 16 Prozent auf Arzneimittel ohne Festbetrag gewähren. Zuvor hatte dieser Abschlag bei 6 Prozent gelegen. Darüber hinaus gilt ein Preismoratorium, sodass die Unternehmen ihre Preise nicht heraufsetzen können. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hatte beide Maßnahmen Anfang 2012 überprüft und entschieden, sie bis Ende 2013 fortzuführen.
Der BPI klagt seit Monaten über diesen Beschluss. Vom BMG wollten die Hersteller nun wissen, wie es zu dieser Entscheidung gekommen war. Der BPI-Vorsitzende Bernd Wegener und sein Geschäftsführer Henning Fahrenkamp stellten daher einen Antrag im Rahmen des sogenannten Informationsfreiheitsgesetzes. Danach haben Bürger einen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Behörden.
Als Antwort habe das Ministerium dem BPI lediglich die öffentlich zugänglichen Stellungnahmen der Verbände zugeschickt, die im Rahmen der Überprüfung Anfang des Jahres eingereicht worden waren, sagte der BPI-Vorsitzende Bernd Wegener vergangene Woche in Berlin. Eigentlich wollten die Hersteller aber Einsicht in die Bewertungen des Ministeriums erlangen, die zu der Einschätzung geführt hatten, die Zwangmaßnahmen für die Pharmaindustrie seien weiterhin gerechtfertigt. Schließlich würden die florierende Konjunktur und die Milliardenüberschüsse im GKV-System eine ganz andere Sprache sprechen, so Wegener. »Diese Informationen haben wir bis heute nicht erhalten.«
Aus diesem Grund habe der BPI Widerspruch gegen die Antwort des BMG eingelegt und zugleich erneut die entsprechenden Informationen angefordert. »Das Informationsfreiheitsgesetz gilt auch für Bundesministerien. Auch Bürger, die in der pharmazeutischen Industrie arbeiten, haben ein Anrecht auf die Informationen.«
Kritisch äußerte sich Wegener darüber hinaus zu Rabattverträgen, insbesondere im Impfstoffbereich. Derzeit fehlen in vielen Regionen Deutschlands Gippe-Impfstoffe. Grund dafür sind unter anderem Exklusivverträge, die der Hersteller Novartis mit den Krankenkassen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Bayern geschlossen hatte. Bislang konnte Novartis nicht in ausreichendem Umfang liefern. Andere Hersteller, die bei den Ausschreibungen leer ausgegangen waren, hatten entsprechend weniger eigene Impfstoffe produziert und konnten den Engpass daher bisher nicht auffangen. Diese schwierige Situation sei »einzig und alleine der primär auf Kostenreduktion ausgerichteten Geschäftspolitik der Krankenkassen geschuldet«, sagte Wegener. Es werde deutlich, dass es den Kassen nicht um die Versorgungssicherheit der Patienten gehe.
Rabattverträge überdenken
Wegener forderte Politik und Krankenkassen dazu auf, sich angesichts der aktuellen Probleme zu fragen, ob Rabattverträge im Impfstoffbereich sinnvoll seien. Darüber hinaus müsse die nächste Legislatur dazu genutzt werden, die Frage der Rabattverträge generell neu zu stellen. So müsse man nach anderen Möglichkeiten suchen, Einsparungen zu erzielen, ohne die Versorgungssicherheit aufs Spiel zu setzen. »Dies ist eine der vorrangigen Aufgaben für die Gesundheitspolitik, egal welche politische Konstellation wir 2013 bekommen«, so Wegener. /