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Mumien

Der Traum vom ewigen Leben

06.11.2007  10:31 Uhr

Mumien

<typohead type="3">Der Traum vom ewigen Leben

Von Christiane Staiger

 

Sie sind Boten vergangener Kulturen: Mumien. Die weltweit größte Ausstellung zum Thema zeigen die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim. Die Schau präsentiert Objekte aus mehreren Kontinenten, aber auch neueste Ergebnisse aus der Mumien-Forschung.

 

Abgelegene Lagerräume des Mannheimer Museums brachten sie vor drei Jahren an den Tag: 19 Mumienobjekte wurden bei Umstrukturierungen der Depots »wiederentdeckt«. Aus dem unerwarteten Fund entstand ein umfassendes internationales Mumienforschungsprojekt. Die Exponate wurden mit modernsten Methoden, wie beispielsweise der Computertomografie, DNA-, Drogen- und Keratinanalyse untersucht. Heraus kam ein umfassender Einblick in das Leben der Verstorbenen: Deutlich wurde, ob sie Frau oder Mann waren, wo sie herkamen, an welchen Krankheiten sie litten und wie sie gestorben waren. Dabei entdeckten die Wissenschaftler auch Erstaunliches: Eine bislang als »Mädchen« von Windeby bezeichnete Moorleiche entpuppte sich zwar als schmächtiger, aber dennoch als Knabe.

 

Die meisten Laien verbinden Mumienfunde vor allem mit dem alten Ägypten. An einer präkolumbianischen Kindermumie gelang jedoch ein sensationeller Nachweis: Man fand auf der Haut Reste eines harzigen Balsams und konnte erstmals beweisen, dass Ägypten nicht, wie lange Zeit geglaubt, die einzige Hochkultur war, in der die Toten durch Balsamierung konserviert wurden, sondern dass diese Methode auch in Amerika Anwendung fand. Gegliedert nach der geografischen Lage zeigt die Ausstellung Beispiele aus Südamerika, Asien und Ozeanien.

 

Der Schrecken über das plötzliche Verschwinden durch den Tod begründet das weltweite Phänomen der Mumifizierung. Um die Körper zu erhalten, wurden die Leichen mit speziellen Methoden behandelt. Genutzt wurden aber auch natürliche klimatische Gegebenheiten in Natur und Umwelt. Ganz ohne konservierende Eingriffe erhalten sich Leichen beispielsweise im trockenen heißen Wüstensand, aber auch die Bedingungen im Moor und in Höhlen können zur Mumifizierung eines Verstorbenen führen. Natürlich mumifiziert ist das älteste Exponat, das Bein eines Dinosauriers, oder die Mammutfunde aus dem tiefen Eis Sibiriens.

 

Hochkarätige Leihgaben aus Europa und Übersee erweitern das Spektrum der Ausstellung um wesentliche Gesichtspunkte, beispielsweise um die Geschichte von »Mumia vera«. Das europäische Interesse an Mumien stand in engem Zusammenhang mit der starken Nachfrage nach diesem Heilmittel. Zwei Pharmaziehistorikerinnen gehörten daher zum Forscherteam, das die Mannheimer Ausstellung mitgestaltete. Dr. Tanja Pommerening, Apothekerin und Ägyptologin an der Universität Mainz, steuerte ihr Wissen zu Mumien, Mumifizierungstechnik und Totenkult im alten Ägypten bei. Dr. Sabine Bernschneider-Reif, Leiterin von Corporate History, stellte mehrere Exponate als Leihgaben des Merck-Archives in Darmstadt zur Verfügung. Dazu gehören nicht nur Mumienteile, sondern auch Kräuterbücher und Rezepturen, die den Stellenwert und die Verwendung im Arzneischatz der jeweiligen Jahrhunderte illustrieren.

 

Anhand der Quellen wird deutlich, dass sich hinter dem Begriff »Mumia« über die Jahrhunderte ganz unterschiedliche Heilmittel verbergen. Das ursprüngliche persische Wort »mum« bezeichnete ein natürlich vorkommendes Erdwachs. Die nach Petroleum riechende Substanz galt im Orient als kostbares Heilmittel. Als die Araber im 7. Jahrhundert Ägypten eroberten, fanden sie an den Toten in den Sarkophagen schwarzbraune, teerartige Balsamierungsreste. Diese wurden unter dem Namen »Gräbermumia« bald ein Ersatz für den seltenen Naturstoff.

 

Später verwendete man auch die einbalsamierten Körper selbst in zerstoßener Form medizinisch. Als »Wundermittel« waren Mumienteile eine der gebräuchlichen Arzneien des 16. und 17. Jahrhunderts, Quellen belegen die Verfügbarkeit bis ins 20. Jahrhundert in Apotheken. Sie wurden unter anderem zur Heilung von stumpfen Traumen, Blutungen oder Knochenbrüchen eingesetzt. Um den Nachschub an »Mumia vera« sicherzustellen, wurden unzählige Mumien aus Ägypten nach Europa gebracht. Allerdings handelte es sich hierbei nicht selten um Fälschungen.

 

Besondere Exponate

 

Anschauliche Texttafeln führen die Besucher durch die verschiedenen Themengebiete und liefern vielschichtige Hintergrundinformationen. Eine Filmdokumentation erzählt nicht nur die spannende Geschichte der Ausstellungsvorbereitung, sondern stellt auch die wichtigsten, teils überraschenden wissenschaftlichen Forschungsergebnisse vor.

 

Beim Rundgang fällt die sensible Raumgestaltung und die zurückhaltende Präsentation der Mumien auf. Den besonderen Exponaten begegnen die Aussteller mit Respekt. Das fordern schon die Richtlinien für den Umgang mit menschlichen Überresten, die sich die weltweite Museumsgemeinschaft selbst gesetzt hat. Die Gesichter der Mumien leugnen den Tod nicht und zeigen dem Betrachter sein eigenes, unvermeidliches Schicksal. Ein Blick in die Zukunft am Ende der Ausstellung: Mittels Kryonik, also Einfrieren des Körpers, und fortschreitenden biotechnischen und medizinischen Möglichkeiten soll der Tod überwunden werden - nicht für jeden ein Trost.

Mumien: der Traum vom ewigen Leben

 

Reiss-Engelhorn-Museen

Zeughaus C5

68159 Mannheim

www.rem-mannheim.de

 

geöffnet bis 24. März 2008

Dienstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr,

donnerstags bis 21 Uhr

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