Die Apokalypse bleibt aus |
31.10.2011 18:56 Uhr |
Von Daniel Rücker / Vor zwei Wochen erblickte der Referentenentwurf zur Apothekenbetriebsordnung das Licht der Öffentlichkeit. Die Reaktionen innerhalb der Apothekerschaft reichen von weitgehender Zustimmung bis hin zu totaler Ablehnung. Diesmal liegt die Wahrheit tatsächlich in der Mitte.
Natürlich hätte der Entwurf für die Apothekenbetriebsordnung anders ausgesehen, wenn ihn die Apothekerschaft selbst formuliert hätte. Womöglich wäre er vollständig ausgefallen, weil mit der ursprünglichen Fassung von 1987 gut arbeiten war. Die Realität ist aber eine andere. Für den Referentenentwurf ist das Bundesgesundheitsministerium zuständig. Dort hat man andere Ziele als die Apothekerschaft; das haben die Gesetzgebungen in dieser Legislaturperiode deutlich gemacht. Gemessen daran und an den Inhalten der inoffiziellen Entwürfe zur Betriebsordnung aus dem Vorjahr, hätte das aktuelle Papier durchaus übler ausfallen können. Die Apokalypse wird aller Voraussicht nach ausbleiben.
Vorteile für Filialen
Das größte Problem aus Sicht der Apotheker sind sicherlich die Regelungen für Filialapotheken. Diese können in Zukunft deutlich kostengünstiger als bislang betrieben werden. Die Mindestgröße von 110 Quadratmetern soll für sie nicht mehr gelten. Sie können Labor und Rezeptur in eine andere Apotheke des Filialverbundes auslagern, und sie können auch den Nacht- und Notdienst unter bestimmten Voraussetzungen an eine andere Betriebsstätte abgeben. Die dann entstehenden Light-Apotheken haben gegenüber echten Apotheken wegen der günstigeren Kostenstruktur Wettbewerbsvorteile.
Das könnte die Zahl der Filialen deutlich wachsen lassen und den Trend zu größeren Einheiten stärken. Auf der anderen Seite muss sich aber erst noch zeigen, wie groß die Akzeptanz der Patienten für diese Betriebe auf Klitschenniveau ist. Serviceparadiese werden sie sicherlich nicht und die Arzneimittelpreisverordnung müssen sie weiter beachten. Wie hoch die Marktchancen von Light-Apotheken tatsächlich sind, ist völlig offen.
Offen ist auch, ob diese Regelung tatsächlich Teil der neuen Betriebsordnung wird. Ihr müssen die Bundesländer zustimmen. Einige haben ihre Bedenken gegen Light-Apotheken bereits deutlich gemacht. Sie sehen in diesem Vorschlag keinen Ansatz zur Verbesserung der Arzneimittelersorgung. Tatsächlich lässt sich kein Vorteil für Patienten erkennen, wenn in Zukunft bestimmte Apotheken ihr Angebot verkleinern dürfen.
Mit der Regelung zu Filialapotheken ist der größte Schwachpunkt des Referentenentwurfes benannt. Natürlich gibt es auch darüber hinaus Grund zur Kritik: So fehlt das Pick-up-Verbot, obwohl die ABDA einen konstruktiven Vorschlag dazu gemacht hat. Bei wissenschaftlichen Hilfsmitteln bleibt der Entwurf unkonkret. Ob Körperpflegeprodukte in Zukunft als apothekenübliche Waren durchgehen sollen, obwohl das BMG im selben Entwurf fordert, Apotheken müssten sich in Aussehen und Sortiment deutlich von anderen Betrieben abheben, ist mehr als fraglich.
Pflicht zur Beratung
Auf der anderen Seite stehen aber einige positive Entwicklungen. Nicht unbedingt im Vergleich zur Betriebsordnung von 1987, aber eindeutig gemessen an den Formulierungen der nicht für die Öffentlichkeit gedachten Entwürfe aus dem vergangenen Jahr. So soll der Botendienst nicht mehr dem Versandhandel gleichgestellt werden, was ordnungspolitisch zu erheblichen Verwerfungen hätte führen können. Und Rezeptsammelstellen müssen auch in Zukunft genehmigt werden. Das wollte das Ministerium ursprünglich abschaffen. Zudem wird der erforderliche Umfang der Beratung im Entwurf definiert und dadurch die Pflicht zur Beratung konkretisiert.
Am Ende steht ein gemischtes Fazit zum Referentenentwurf. Es wäre fahrlässig, das destruktive Potenzial der Regelungen zu Filialen zu ignorieren. Auf der anderen Seite nützt es aber auch nichts, in Entwürfen zu Gesetzen und Verordnungen grundsätzlich eine maximale Bedrohung zu sehen. Der Untergang der öffentlichen Apotheke ist in den vergangenen Jahren mehrfach ausgeblieben. Das wird in diesem Fall voraussichtlich nicht anders sein. Zumal ein Entwurf ein Entwurf ist und keine Verordnung. /