Pharmazeutische Zeitung online
Pharmazeutische Betreuung

Alles dreht sich um den Patienten

22.10.2007  11:10 Uhr

Pharmazeutische Betreuung

<typohead type="3">Alles dreht sich um den Patienten

Von Brigitte M. Gensthaler und Sven Siebenand, München

 

Die Pharmazeutische Betreuung stellt den individuellen Patienten in den Mittelpunkt. Doch sie erfordert viel Wissen, Aufmerksamkeit und Übung. Beim Wochenendworkshop in München machten sich etwa 280 Apothekerinnen und Apotheker fit für den Alltag.

 

»Wir wollen den Patienten in der Apotheke helfen und nicht nur Rezepte beliefern«, begrüßte der bayerische Kammerpräsident Dr. Ulrich Krötsch die Teilnehmer beim »WeWs« am 20. und 21. Oktober in München. Daher seien die acht Seminare inhaltlich ganz auf den normalen Offizinalltag zugeschnitten. Dieses erste von drei Wochenenden hatten die Apothekerkammern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein, Rheinland-Pfalz und Saarland und das Zentrum für Arzneimittelinformation und Pharmazeutische Praxis (ZAPP) der ABDA gemeinsam ausgerichtet.

 

Bei der Eröffnung überreichte Krötsch auch zwei Preise, die die Förderinitiative Pharmazeutische Betreuung für erfolgreiche Qualitätszirkelarbeit verliehen hat. Der erste Preis ging an den Qualitätszirkel in Augsburg, der zweite an den in Bad Tölz. Die jeweiligen Moderatoren Ulrich Koczian und Lydia Wintermeier-Frühschütz nahmen die Auszeichnung in Höhe von 1000 und 500 Euro entgegen.

 

Altern: mehrdimensionaler Prozess

 

»Die Zahl alter Mensch steigt, die Zahl junger Bürger dagegen nicht«, leitete Professor Dr. Elisabeth Steinhagen-Thiessen in ihren Vortrag zum Thema »Der multimorbide geriatrische Patient: zuhause, im Pflegeheim, im Krankenhaus« ein. Die drastische Verweildauerverkürzung im Krankenhaus sei gerade für ältere Patienten schwierig. »Nirgendwo sonst als in Deutschland besteht eine derartige Betonmauer zwischen ambulanter und stationärer Versorgung«, benannte die ärztliche Leiterin des Evangelischen Geriatriezentrums Berlin ein Problem, das dringend einer Lösung bedarf.

 

Extrinsische Faktoren wie Bewegung und Ernährung sowie intrinsische Faktoren wie die genetische Ausstattung beeinflussen den Alterungsprozess. Ziel der Geriatrie sei es, Alltagskompetenz zu erhalten. Dazu reiche die ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems)-Diagnosestellung alleine nicht aus. Funktionsverluste wie schlechtes Hören oder Sehen haben einen wichtigen Einfluss auf die objektive Gesundheit. Zudem müsse der Arzt den Hilfsbedarf des Patienten bestimmen. Erst wenn Diagnose, Funktionseinbußen und Hilfsbedürftigkeit in einer Kette betrachtet werden, könne man dem Patienten helfen, so Steinhagen-Thiessen.

 

Kognitive Einbußen bis hin zur Demenz seien vielfach bei geriatrischen Patienten vorzufinden. Als die drei geriatrischen I´s bezeichnete die Medizinerin die Problemfelder Instabilität, Immobilität und Inkontinenz. Gerade Letztere sei ein großes Tabu-Thema. Ergebnisse der Berliner Altersstudie hätten gezeigt, dass drei Viertel der Ärzte nichts von der Inkontinenz ihrer betroffenen Patienten wissen. Der geriatrische Patient ist meistens multimorbid. Ein wichtiger Punkt bei der Betreuung und Behandlung sei es, die Krankheiten zu hierarchisieren. Das heißt, dass nicht unbedingt alle Krankheiten behandelt werden. Man müsse immer auch schauen, was man dem Patienten zumuten kann. Solche Entscheidungen verlangen selbstverständlich große klinische Erfahrung und seien am besten im Team zu fällen.

 

Ein weiteres Problem ist die Multimedikation. So ergab eine Berliner Studie, dass ein Drittel der Über-70-Jährigen zu viele Medikamente einnimmt. Bei einem Drittel der Patienten sei zudem Fehlmedikation festzustellen. Das heißt, die eingenommenen Medikamente sind nicht altersgerecht. »Ob die elektronische Gesundheitskarte in dieser Hinsicht Abhilfe schaffen wird, ist fraglich«, zeigte sich Steinhagen-Thiessen skeptisch.

 

Eine weitere Herausforderung bei der Versorgung geriatrischer Patienten stellt die Prävention dar. Das gegenwärtige Vergütungssystem für die Gesundheitsversorgung schafft zu wenig Anreize für eine effektive Gesundheitsprävention. »Prävention findet in jedem Lebensalter statt und zahlt sich aus«, machte die Referentin deutlich. Als primäre Prävention bezeichnete sie die Verhinderung von Krankheiten, als sekundäre deren Diagnose und Behandlung. Wenn bereits funktionelle Einschränkungen vorliegen, sichere die tertiäre Prävention den Erhalt dessen, was noch da ist. In Pflegeheimen müsse es Ressourcen für diese Erhaltenstherapie geben, machte Steinhagen-Thiessen auf ein weiteres Manko im deutschen Gesundheitssystem aufmerksam.

 

Beratung ist zukunftsweisend

 

»Beratung ist die beste Medizin, sowohl für die Patienten als auch für die Apotheke.« Dies vertrat Danny Neidel, Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Thüringen, angesichts der vielfältigen Angriffe auf die Apothekenpflicht.

 

Heute nehmen viele Bürger das Arzneimittel nicht mehr als besondere Ware wahr. Und auch viele Apotheker übersehen angesichts aktueller Probleme, dass die Apothekenpflicht deutschland- und europaweit politisch infrage gestellt wird. Nur durch die individuelle Beratung und Problemlösung in der Apotheke, die über die reine Sachinformation hinausgeht, erlebe der Kunde, wie wichtig die Apotheke am Ort und die Apothekenpflicht sind, betonte Neidel.

 

Um die Beratungsbereitschaft und -qualität in den Apotheken zu prüfen und zu verbessern, hat die LAK Thüringen im Rahmen der Qualitätsoffensive 2004/05 etwa 1000 Testkäufe in thüringischen Apotheken unternommen. Effizienter ist das Folgemodell der »qualifizierten Testkäufe«, so Neidel. Dabei kaufen geschulte Laien in der Apotheke ein und protokollieren die erlebte Beratung. Das Feedback-Gespräch in der Apotheke führt ein Apotheker. Durch diese Methode würden fachliche und kommunikative Stärken und Schwächen der Apotheke offenkundig.

 

Die Ergebnisse sind interessant. So erhielt der Kunde, der ein Symptom beschrieb, häufiger eine Beratung als der Testkäufer, der ein konkretes Selbstmedikationspräparat verlangte. Offenbar unterstelle die Apotheke, dass der Kunde das Mittel kennt. Doch zumindest müsse der Informationsbedarf vor der Abgabe geklärt werden. »Sonst ist die Apothekenpflicht nicht zu begründen.« Beim Symptom Husten wurden die Käufer eher beraten als bei Hämorrhoidalbeschwerden. Anscheinend gebe es auch beim Apothekenteam eine Hemmschwelle bei heiklen Themen. Fragen ist generell wenig beliebt: Drei Viertel der Apotheken vermittelten Sachinformationen, aber 70 Prozent fragten den Kunden nicht aktiv.

 

Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den Berufsgruppen. Ebenso spielte es keine Rolle, ob der Testkäufer allein oder mit vielen Kunden in der Offizin stand. Harsch äußerte sich der Kammergeschäftsführer über Apotheken, in denen PKA apothekenpflichtige Arzneimittel abgaben. Wer dies zulasse, stelle die öffentliche Apotheke infrage.

 

»Der qualifizierte Testkauf hat sich bewährt«, resümierte Neidel. Die Beratungsbereitschaft steige messbar, aber oft fehle eine klare Gesprächsstruktur. Das Feedback-Gespräch komme bei den meisten Kollegen gut an. Die Kammer werde ihre Fortbildung optimieren, deren Erfolg überprüfen und mehr Fortbildung zur Selbstmedikation anbieten. Intensive Öffentlichkeitsarbeit soll den Bürgern den Wert der Apotheke nahe bringen. In der Beratung zeige die Apotheke ihre Kompetenz, sagte Neidel. »Arzneimittelabgabe und -beratung dürfen nie getrennt werden.«

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa