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Checkpoint-Inhibitor Atezolizumab

Ein Neuling für zwei Krebsarten

10.10.2017  15:46 Uhr

Von Sven Siebenand, Frankfurt am Main / Die Krebsimmuntherapie boomt. Mit Atezolizumab (Tecentriq®) können Ärzte dabei nun einen weiteren Wirkstoff einsetzen. Sein Wirkprinzip ähnelt dem von Nivolumab (Opdivo®) und Pembrolizumab (Keytruda®). Über die Unterschiede, aktuelle Studiendaten und den Stellenwert der neuen Therapie informierten Experten bei einer Pressekonferenz von Roche in Frankfurt am Main.

Anders als die Checkpoint-Inhibitoren Nivolumab und Pembrolizumab bindet der neue Antikörper Atezolizumab nicht an den Checkpoint-Rezeptor PD-1 auf aktivierten T-Zellen, sondern an den PD-1- Liganden PD-L1 und hemmt so die Interaktion zwischen Rezeptor und Ligand. Darüber hinaus blockiert Atezolizumab noch einen weiteren Signalweg. Denn der PD-L1 bindet normalerweise auch an den Rezeptor B7.1. Durch den neuen Antikörper wird auch dies unterbunden.

 

Wirkung in Tumor und Lymphknoten

 

»Tecentriq wirkt doppelt«, sagte Dr. Stefan Frings, Medizinischer Direktor bei Roche. Die durch die PD-L1-Inhibition mit Atezolizumab vermittelte duale Signal-Blockade setze sowohl im Tumor als auch im Lymphknoten an. Im Tumor komme es zur Reaktivierung der Immunantwort, in den Lymphknoten könne dank Atezolizumab durch die teilweise Wiederherstellung des T-Zell-Primings die Bildung von zytotoxischen T-Zellen verstärkt werden.

 

Frings wies noch auf einen weiteren Unterschied zu den Anti-PD-1-Rezeptor-Antikörpern hin: »Unter PD-L1-Blockade bleibt die Interaktion zwischen dem PD-1-Rezeptor und dem PD-2-Liganden erhalten.« Dieser Ligand spiele hinsichtlich des Tumors keine Rolle, wohl aber bei der Immunhomöostase. Wird durch Atezolizumab nur PD-L1 und nicht PD-L2 gehemmt, könne das einer überschießenden Immunantwort entgegen­wirken. Soweit die Theorie. Daten im direkten Vergleich mit Substanzen wie Nivolumab und Pembrolizumab, die eine verbesserte Verträglichkeit belegen, liegen Frings zufolge aber noch nicht vor.

 

Frings betonte, dass Atezolizumab bei vielen verschiedenen Krebsarten intensiv untersucht wird, auch in Kombination mit anderen Therapeutika. Zugelassen ist der Antikörper bisher in zwei Indikationen: zum einen zur Therapie von Patienten mit lokal fort­geschrittenem oder metastasiertem Urothelkarzinom, zum anderen zur Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC).

 

Über den Einsatz beim Urothelkarzinom informierte Professor Dr. Axel ­Merseburger vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck. Demnach kommt Atezolizumab bei lokal fort­geschrittenem oder metastasiertem Urothelkarzinom als First-Line-Therapie für Cisplatin-ungeeignete Patienten sowie für Patienten, die bereits mit einer Platin-haltigen Therapie vorbehandelt sind, infrage. Studiendaten belegen laut Merseburger die Wirksamkeit in beiden Therapiesituationen. Mit Tecentriq stehe eine wichtige neue Option zur Ver­fügung, die die Chance auf eine langfristige Tumorkontrolle bei guter Verträglichkeit biete. Nebenwirkungen der Grade 3 und 4 lägen in einer Studie allesamt unter 5 Prozent. Merseburger bezeichnete dies als einen Durchbruch gegenüber der klassischen Chemotherapie.

 

Der Mediziner nannte noch einen weiteren Vorteil für die klinische Praxis. »Patienten profitieren unabhängig vom PD-L1-Status von Tecentriq.« Tendenziell sei die Prognose umso besser, je höher die PD-L1-Expression ist. Aber es gebe auch Patienten ohne PD-L1-Expression, die dennoch auf Atezolizumab ansprechen.

 

Diese Beobachtung hat man auch bei Lungenkrebs-Patienten gemacht, wie Dr. Nikolay Frost von der Berliner Charité informierte. Zugelassen sei das neue Medikament beim lokal fort­geschrittenen oder metastasierten ­NSCLC nach vorheriger Chemotherapie. Frost begrüßte, dass der primäre Endpunkt in der zulassungsrelevanten OAK-Studie das Gesamtüberleben war. Denn dies sei letztlich relevant für die Patienten. Im Vergleich zu Docetaxel verlängerte Atezolizumab das mediane Gesamtüberleben signifikant um 4,2 Monate von 9,6 auf 13,8 Monate.

 

Wie beim Urothelkarzinom bestätigte sich auch in der Indikation Lungenkrebs eine bessere Verträglichkeit der Immuntherapie im Vergleich zur klassischen Chemotherapie. So lag die Rate an therapiebedingten unerwünschten Ereignissen der Grade 3 und 4 unter Atezolizumab bei 15 Prozent gegenüber 43 Prozent unter Docetaxel. »Die Ergebnisse der OAK-Studie sind insgesamt überzeugend, sodass Tecentriq eine sinnvolle Therapieoption in der Zweit­linienbehandlung darstellt«, zog Frost ein Fazit. /

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