Neue Optionen gegen Lupus |
06.10.2008 14:42 Uhr |
<typohead type="3">Neue Optionen gegen Lupus
Etwa 1 bis 4 Prozent der Patienten von kinderrheumatologischen Sprechstunden leiden an einem systemischen Lupus erythematodes (SLE), einer Autoimmunkrankheit. »Wichtigstes Behandlungsprinzip ist die Immunsuppression«, stellte Professor Dr. Norbert Wagner vom Westfälischen Kinderzentrum Dortmund fest.
Eine Reihe von Medikamenten wird seit Langem erfolgreich bei SLE (siehe Kasten) eingesetzt. Dazu zählen die Corticosteroide. Sie mildern chronisch systemische Entzündungszeichen und verhindern Organschäden. Höhere Dosen als 0,5 mg Prednison/kg/Tag sind jedoch nur bei schweren Verläufen, zum Beispiel bei einer ZNS-Beteiligung oder einer schweren Lupusnephritis, indiziert. Hydroxychloroquin (5 mg/kg/Tag) zeigt einen günstigen Effekt auf Hautveränderungen und schützt vor Rezidiven. Augenärztliche Kontrolluntersuchungen in halbjährlichen Intervallen sind erforderlich, um Veränderungen der Netzhaut frühzeitig zu erkennen. Nicht-steroidale Antirheumatika wie Naproxen oder Indometacin können muskulo-skelettale Symptome und Fieber günstig beeinflussen, die Nierenfunktion jedoch beeinträchtigen.
Der systemische Lupus erythematodes (SLE) beginnt früh; oft zeigen sich die ersten Krankheitszeichen bereits im Alter von zwölf Jahren. Typisch sind Fieber, Abgeschlagenheit und Empfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht. Auf der Haut bilden sich Erytheme, oft eine schmetterlingsförmige Rötung im Gesicht. Ein SLE kann jedes Organ betreffen: Entzündungen der Gelenke, von Herz, Lungen und Nieren sind nicht selten.
Der Lupus erythematodes zählt zu den Kollagenosen. Dies sind Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, bei denen in erster Linie das Bindegewebe betroffen ist. Ein SLE ist eine B-Zell-vermittelte Autoimmunerkrankung. Charakteristisch sind Autoantikörper, die gegen Zellkernbestandteile gerichtet sind und zu direkten Schäden an den Organen führen. Darüber hinaus entsteht durch Komplement-bindende Immunkomplexe eine Vaskulitis, die sekundäre Organschäden nach sich zieht. Unbehandelt ist die Prognose des SLE schlecht. Durch immunsuppressive Maßnahmen hat sie sich erheblich gebessert.
»Bei Nierenbeteiligung oder sonstigem schweren Verlauf ist der Einsatz von weiteren Immunsuppressiva erforderlich«, erklärte Wagner. Hierzu zählen Azathioprin, Methotrexat, Cyclophosphamid, Mycophenolatmofetil und Cyclosporin A.
Neben den etablierten Immunsuppressiva stehen immunmodulatorische Therapieansätze im Mittelpunkt des Interesses. Rituximab zeige eine gute Wirksamkeit, erklärte Professor Dr. Gerd Horneff, Asklepios Klinik Sankt Augustin. Das Molekül ist ein gegen das CD20-Oberflächenantigen gerichteter Antikörper. Dieses Antigen kommt unter anderem auf B-Lymphozyten vor, sodass Rituximab zu einer Depletion der B-Zellen führt, deren Funktion bei SLE gestört ist. Auch andere monoklonale Antikörper wie Epratuzumab und Belumimab unterdrücken die B-Zell-Reaktion; sie sind derzeit in der klinischen Erprobung.
Neben der Anti-B-Zelltherapie gehören die Blockade der T-Zellaktivierung durch Abatacept und die Neutralisierung von inflammatorischen Zytokinen zu den neuen Therapieansätzen. Tocilizumab ist ein humaner neutralisierender Antikörper, der durch Bindung des Interleukin-6-Rezeptors den IL-6-Signalweg blockiert.
Therapieform | Beispiel |
---|---|
bewährte Medikamente | Glucocorticoide, Hydroxychloroquin, Azathioprin, Cyclophosphamid, Methotrexat, Cyclosporin A, Mycophenolatmofetil |
neue Stoffe und Verfahren | Rituximab, Epratuzumab, Belumimab, Abatacept, Tocilizumab, IVIG, Plasmapherese, autologe Stammzelltransplantation |
Intravenös applizierte Immunglobuline (IVIG) werden aus gepoolten Spenderseren gewonnen. In den letzten Jahrzehnten wurden IVIG zunehmend bei SLE erfolgreich eingesetzt. Sie neutralisieren Toxine, die für die Auslösung oder Unterhaltung der Autoimmunreaktion verantwortlich gemacht werden. Unerwünschte Wirkungen sind Unverträglichkeitsreaktionen, die sich mit Fieber, Kopf- und Rückenschmerzen während der Infusion bemerkbar machen.
Bei einigen Patienten kann die autologe Stammzelltransplantation erfolgreich sein: Etwa zwei Drittel erreichen eine Remission. In sehr schweren Fällen kann eine besondere Form der Blutwäsche, die Plasmapherese, zum Einsatz kommen. Im Anschluss an eine Behandlung mit Cyclophosphamid werden die Antikörper aus dem Blutplasma entfernt. Die Plasmapherese ist umstritten, da teilweise schwere Infektionen aufgetreten sind. Generell sollten Arzt und Patient bei jeder Behandlung des SLE sorgfältig darauf achten, ob sich eine Infektion ankündigt.