Nach Herzinfarkt Betablocker niedrig dosieren |
29.09.2015 09:08 Uhr |
Von Annette Mende / Eine deutlich niedrigere als die empfohlene Dosis eines Betablockers verschlechtert nach einem Herzinfarkt nicht die Prognose von Patienten. Im Gegenteil: In einer aktuellen Studie im »Journal of the American College of Cardiology« war die Gabe von lediglich einem Viertel der üblichen Dosis mit einer deutlich niedrigeren Zweijahres-Sterblichkeit verbunden. Das überraschte die Autoren um Professor Dr. Jeffrey Goldberger von der Northwestern University, die mit ihrer Untersuchung eigentlich die Überlegenheit der höheren Dosis hatten belegen wollen (DOI: 10.1016/j.jacc.2015.07.047).
Goldberger hatte die Beobachtung gemacht, dass Herzinfarkt-Patienten in der Praxis sehr häufig auf eine niedrigere Betablocker-Dosis eingestellt sind, als das in klinischen Studien der Fall ist. Die Gründe hierfür sind vermutlich die Furcht vor Nebenwirkungen sowie die zunehmende Verkürzung der Liegezeit. Patienten werden nach einem Herzinfarkt mittlerweile so früh aus der Klinik entlassen, dass die Auftitrierung der Dosis in vielen Fällen noch nicht abgeschlossen ist.
Um zu untersuchen, wie sich die Unterdosierung auf das Überleben auswirkt, wertete der Kardiologe mit seinem Team die Daten von knapp 6700 Herzinfarkt-Patienten aus. Von diesen erhielten 90 Prozent Betablocker, und zwar in der Hauptsache Metoprolol (zwei Drittel der Patienten) und Carvedilol (ein Viertel) sowie weniger häufig Atenolol, Bisoprolol oder Propranolol. Als Zieldosen definierten die Autoren 200 mg Metoprolol, 50 mg Carvedilol, 100 mg Atenolol, 10 mg Bisoprolol und 180 mg Propranolol pro Tag.
Generell verlängerte eine Betablocker-Therapie die Überlebenszeit der Patienten im Vergleich zu denen, die keine Betablocker erhielten. Verschieden hohe Dosen waren dabei aber mit Unterschieden in der Sterblichkeit assoziiert. So waren nach zwei Jahren von den Patienten, die die volle Dosis erhielten, 14,7 Prozent gestorben. Unter der halben, Viertel- beziehungsweise Achteldosis betrugen diese Prozentsätze 12,9, 9,5 beziehungsweise 11,5 Prozent.
»Offenbar gibt es nicht die eine Dosis, die für jeden Patienten die richtige ist«, kommentiert Goldberger. Weitere Studien müssten jetzt Parameter identifizieren, anhand derer die Dosierung individuell angepasst werden kann. /