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Impfstoffe

Sparpläne stoßen auf breite Kritik

21.09.2010  15:58 Uhr

Von Nils Franke, Berlin / Einsparungen bei Impfstoffen träfen besonders den Marktführer GlaxoSmithKline und sein Werk in Dresden. Die Marktforscher von IMS Health sehen die Preise in Deutschland viel entspannter als das Gesundheitsministerium. Und Professor Häussler vom IGES-Institut fordert neue Modelle zur Kosten-Nutzen-Bewertung von Impfstoffen.

Der Pharmakonzern GlaxoSmithKline hat die angekündigten Einsparungen bei Impfstoffen kritisiert. Sie seien nicht nachvollziehbar, sagte das Mitglied der Geschäftsführung, Bettina Brennecke, bei einer Podiumsdiskussion des Unternehmens in Berlin. Die Impfstoffe machten ohnehin nur ein Prozent der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus.

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hatte Anfang voriger Woche angekündigt, bei Impfstoffen 300 Millionen Euro in der GKV einsparen zu wollen. Die Preise für Impfstoffe in Deutschland seien 30 Prozent höher als im Durchschnitt der Europäischen Union.

 

Glaxo mit 38 Prozent Marktanteil

 

Davon wäre vor allem der Konzern Glaxo-SmithKline betroffen, der seinen Kern-standort für Impfstoffe in Dresden unterhält. Das britische Unternehmen ist nach eigenen Angaben mit 38 Prozent Marktanteil der größte Serum- und Impfstoffhersteller in Deutschland, vor SanofiPasteurMSD mit 19 Prozent und Novartis Vaccines mit 17 Prozent.

 

Das Werk in Dresden war 1992 in die SmithKline Beecham AG übernommen worden und 2001 zu GlaxoSmithKline gekommen. Die Kapazität sei dramatisch ausgebaut worden, erläuterte der Geschäftsführer von GlaxoSmithKline Biologicals in Dresden, Dr. Peter Schu. Von zwei Millionen Impfdosen 1992 sei die Produktivität auf 50 Millionen Dosen in diesem Jahr gestiegen. Investitionen von 200 Millionen Euro seien nötig gewesen. Die Belegschaft habe sich in den vergangenen drei Jahren noch mehr als verdoppelt, auf mehr als 600 Mitarbeiter und 50 Auszubildende. Heute fungiere das Werk innerhalb des Unternehmens vor allem als Zentrum für Grippeimpfstoffe. Auf einem neu erworbenen Gelände sind Erweiterungen geplant. Schu warnte davor, dass eine Preissenkung zu Engpässen bei Impfstoffen führen könne. Gerade Impfstoffe erforderten enorme Investitionen in Anlagen und Forschung. Bei Produktionszeiten von bis zu 14 Monaten einzelner Chargen könne die Produktion auch nicht kurzfristig erhöht werden.

 

Unterstützung erhielt der Konzern vom Marktforschungsunternehmen IMS Health aus Frankfurt am Main. »Man muss wissen, dass wir in Deutschland 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Impfstoffe haben, in den meisten anderen europäischen Ländern gar keine«, kritisierte Geschäftsführer Dr. Frank Wartenberg den Preisvergleich des Gesundheitsministers. »Mehrwertsteuerbereinigt steht Deutschland gar nicht so schlecht da.« In den vergangenen zwei Jahren seien die Ausgaben für Impfungen insgesamt ohnehin gesunken, was auf die vorherigen Aufholimpfungen gegen Humane Papillomviren (HPV) zurückgehe. Der Umfang der Impfungen gegen saisonale Grippe steige leicht. Die übrigen Impfausgaben seien stabil geblieben. Zudem sei für Impfstoffe nur der publizierte Apothekenpreis bekannt. »Die real bezahlten Preise sind erheblich niedriger«, sagte Wartenberg. Rund 90 Prozent des Bedarfes an Impfstoffen bedienten die Ärzte direkt in der Sprechstunde. Die Preise der dort verwendeten Großpackungen, verhandelten Kassen und Leistungserbringer.

 

Kritik an Bewertungsmethode

 

Auch das Berliner IGES Institut brachte Kritik an und bezeichnete die gängigen Modelle zur Kosten-Nutzen-Bewertung für Impfstoffe als unzureichend. Die Idee, den Zusatznutzen von neuen Arzneimitteln zu bewerten, gehe auf die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) zurück, sagte Institutsleiter Professor Dr. Bertram Häussler. Schon in der Onkologie funktioniere die Methode nicht mehr richtig, noch weniger funktioniere sie bei Impfstoffen, sagte er. Es gebe bei diesen keine randomisierten Studien und keine Analogprodukte. »Stattdessen muss man sich an der Frage orientieren, was wäre eigentlich, wenn man diese Impfung nicht hätte, was würde dann an Schaden entstehen«, forderte Häussler.

 

Kritik kam auch von der Union. »Ich bin kein Freund von Zwangsrabatten in diesem Zusammenhang«, sagte der Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer. »Wenn wir wissen und beweisen können, dass durch Impfungen ein großer Schaden – auch ein volkswirtschaftlicher Schaden – verhindert werden kann, dann ist es kurzsichtig, hier zu sparen.«

 

Eine Ausrottung der Masern sei bis jetzt nicht gelungen, auch in Deutschland nicht. In dem Land, in dem er geboren sei, sagte Kretschmer über die ehemalige DDR, »da haben wir diese Durchimpfung gehabt, weil wir von staatlicher Seite ganz anders vorangegangen sind. Und das wünsche ich mir auch für die Bundesrepublik Deutschland.« /

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